Unter anderem wurde im Branchenparlament darüber diskutiert, wie der E-Book Verkauf über libreka! abgewickelt wird und wie der Zwischenbuchhandel und das Sortiment eingebunden werden können.
Im Ergebnis waren die Parlamentarier einmütig der Ansicht, dass die jetzt von der MVB vorgestellte Lösung für eine Integration der Sparten tragfähig sei und nun realisiert werden solle. Verleger Matthias Ulmer formulierte es so: "Wir sollten die noch bestehenden Differenzen jetzt nicht weiter vertiefen, sondern uns ab sofort um die Weiterentwicklung von libreka! kümmern."
Ähnlich fiel das Votum der Sortimenter aus, vertreten durch Thomas Wrensch. Es gebe nur noch "marginale Meinungsunterschiede". Als Faktoren für den weiteren Erfolg der Plattform nannte Wrensch eine "kritische Titelmasse" – verbunden mit dem Appell an die Verleger, noch mehr Novitäten auf die Plattform zu bringen und nicht nur Backlist-Titel - und eine Beteiligung der Barsortimente, ohne die eine breite Teilnahme der Buchhandlungen, die mehrheitlich nicht über eigene Webshops verfügten, nicht gewährleistet sei.
Für den Zwischenbuchhandel nannte dessen Ausschuss-Vorsitzender Matthias Heinrich zwar "die Entwicklung von libreka! in den letzten sechs Monaten positiv", merkte aber an, dass sich seine Sparte "noch immer nicht so in dem Modell berücksichtigt fühlt, wie wir uns das wünschen würden". In der Hauptsache geht es den Auslieferern, aber auch Vertretern großer Buchhandlungen wie Michael Busch (Thalia) und Hartmut Falter (Mayersche) darum, dass libreka! eine Übergabe des Warenkorbs an den Verkäufer vorsieht. Busch begründete das mit "einer bestimmten Experience, die der Kunde bei seiner Buchhandlung gewöhnt ist, zum Beispiel bei den Zahlungsmodalitäten, und die auf libreka! nicht im einzelnen abgebildet werden könnte". Dieser Dissens sei "gewichtig", über ihn müsse in den nächsten Monaten weiter gesprochen werden.
Umbreit-Chef Thomas Bez machte für den Zwisschenbuchhandel vorsorglich noch einmal klar, dass "wir auf jeden Fall mit im Zug sitzen. Wir sind nur nicht einverstanden mit jedem Teil der Strecke, die gefahren wird. Aber wir wollen deswegen nicht die Notbremse ziehen."
Verlegerausschuss-Vorsitzender Karl-Peter Winters nahm das Parlament in die Pflicht, bei aller Diskussion im Detail nicht das große Ziel aus den Augen zu verlieren: "eine Plattform, die wettbewerbsfähig ist". Das Maß der Dinge im Internet-Geschäft sei "die einfache, intuitiv machbare und selbsterklärende Nutzung. Darum geht es. Sonst haben wir am Ende eine Plattform, die zwar alle Interessen berücksichtigt - aber leider keine Kunden hat."
Nach der Diskussion verabschiedete das Branchenparlament eine Erklärung, in der es heißt, dass die von der MVB entwickelte Lösung eine flexible und vielfältige Einbindung aller Marktteilnehmer gewährleiste und gleichzeitig den Wünschen der Kunden nach einer einfachen Handhabung Rechnung trage. libreka! solle in den nächsten Monaten plangemäß weiterentwickelt und in einem ständigen Prozess an die Marktbedürfnisse angepasst werden, so das Branchenparlament.
Mit Spannung erwartet: Die „Empfehlungen zur Optimierung des Remissionswesens im Buchhandel“ der AG PRO (Prozesse, Rationalisierung, Organisation). Buchhändlerin Franziska Bickel und Christoph Maris (Thalia Service GmbH) stellten die Ergebnisse der Arbeitsgemeinschaft vor, die sich seit April 2008 intensiv mit dem Thema Remissionen beschäftigt hat – ein Arbeitsauftrag des Branchenparlaments.
Fazit: Einfache Lösungen gibt es nicht, Remissionen im Buchhandel sind „systemimmanent“, wie die AG PRO festhält. Bis zu einer bestimmten Bagatellgrenze ganz auf Remissionen zu verzichten, so wie es Verleger Matthias Ulmer vor einem Jahr im Branchenparlament in die Diskussion getragen hatte, sei "nicht zielführend", so die AG PRO – das sei unter dem Strich zu kostenintensiv für die Verlage. Ziel müsse es stattdessen sein, die Zahl der Remissionen zu verringern.
Klare Empfehlung an die Marktteilnehmer: Die Festsetzung einer Remissionsobergenze in Höhe von maximal 10 Prozent. Barsortimentsbezüge und bestimmte Verlagsprogramme erforderten jedoch gegebenenfalls deutlich niedrigere Obergrenzen. Und: Der Prozess bei den verbleibenden Remissionen sollte optimiert und standardisiert werden.
Die Arbeitsgruppe hat sich detailliert die Abläufe und Kosten bei Remissionen angeschaut und dabei auch die unterschiedlichen Arten der Handhabung untersucht: Von der Deckblatt-Remission bis zur pauschalen Gutschrift. Christoph Maris stellte die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung in konkreten Zahlen vor. Ein Beispiel: Die „normale“ Remission ist mit Kosten von 1,22 Euro die teuerste Variante, am niedrigsten sind die Prozesskosten bei der pauschalen Gutschrift (0,34 Cent). Die Deckblattremission kommt mit 0,76 Euro auf einen Mittelwert. Bei einer „normalen“ Remission betragen die Arbeitskosten entlang der gesamten Prozesskette (Verlage, Transport, Handel) mehr als zehn Prozent des durchschnittlichen Buchverkaufswerts. Bickels Remüsee: "Wir alle hätten nie gedacht, dass an den Remissionen so viel Geld für uns alle dranhängt".
Für die AG Pro ist klar: Solange Verlage dem Handel Gutschriften ausstellen für Ware, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr verkäuflich ist, ist es für den Verlag die wirtschaftlichste Lösung, diese Ware als neuwertig zurückzunehmen und weiter zu verkaufen. Was wiederum direkt zum leidigen Thema Ramsch führt.
Die Arbeitsgruppe hat auch die Treiber der Remissionsquote ausgemacht. Einige Beispiele aus einer langen Liste: Pflege und Weiterentwicklung überlieferter Gepflogenheiten, mangelnde Kompetenz der Vertreter, hohe Novitätenzahlen, Nutzung der Remission zur Verbesserung der Liquidät des Händlers.
Ganz konkret wurde der Lebenszyklus eines Taschenbuchtitels im Verlag untersucht. Das Ergebnis: Zu einem Zeitpunkt, zu dem ein Verlag noch gute Umsätze mit einem Titel macht, treffen schon die ersten Remissionen ein: „Es ist absoluter Wahnsinn, einen Taschenbuchtitel, der gerade ausgeliefert wurde, nach vier Wochen zurückzuschicken", bilanzierte Bickel. Dass die Remissionsquote bei großen Buchhandlungen eher gering, bei den kleinen dagegen hoch ausfällt, ist für die Vorsitzende der AG PRO ein "Indiz für These, dass eine gut strukturierte und gut organisierte Buchhandlung der beste Garant für eine niedrige Remi-Quote ist."
Aus der Appell-Liste der AG PRO, die vom Branchenparlament voll und ganz unterstützt wurde:
Verlage sollten den „Wildwuchs“ bei den Novitäten bereinigen, das Verfahren für die Remissionen standardisieren. Buchhandungen sollten dringend ihre Abläufe überprüfen und ihre Remissionen bündeln. "Eine Standardisierung des Prozesses könnte ein Großteil der Komplexität aus dem Prozess herausnehmen", so die AG PRO.
Matthias Ulmer, der die Debatte mit seinem Vorstoß vor einem Jahr mit ins Rollen gebracht hatte, sieht das Problem jetzt mit den Zahlen der AG PRO in der Hand aus einem anderen Blickwinkel – und will auch in seinem eigenen Verlag einiges verändern: „Eine der Chancen besteht darin, dass das Thema jetzt gesetzt ist".
Beschlüsse des 4. Branchenparlaments:
1) Beschluss zu libreka!:
Das Branchenparlament ist davon überzeugt, dass das von der MVB vorgestellte libreka!-Modell eine vielfältige und flexible Einbindung aller Markteilnehmer ermöglicht und zugleich den Anforderungen der Kunden an eine möglichst einfache Nutzung der Plattform Rechnung trägt.
Das Branchenparlament spricht sich dafür aus, das Geschäftsmodell in dieser Form zügig umzusetzen, planmäßig weiter zu entwickeln und das Modell gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Bedenken und Erfahrungen der Markteilnehmer in der Praxis anzupassen.
2) Beschluss zum Remissionswesen:
Das Branchenparlament befürwortet einstimmig die vorgestellten Empfehlungen der AG PRO zur Optimierung des Remissionswesens im Buchhandel und appelliert an die Verlagsunternehmen und Buchhandlungen, die Empfehlungen in der Praxis zu berücksichtigen.
Die wesentlichen Aussagen des Remissionsberichtes sollen der Branchenöffentlichkeit in komprimierter Form über die Branchenpresse zur Kenntnis gebracht werden.