Arbeitsmarkt

"Man hat uns im Blick“: Ex-Brockhäusler wollen gemeinsam durchstarten

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Anfang März konnte man in der "Zeit" ein ungewöhnliches kollektives Stellengesuch lesen: Unter dem Slogan "Was spricht dagegen?" boten 33 Redakteure, die mit der Schließung der Leipziger Brockhaus-Redaktion den Arbeitsplatz verloren hatten, ihre Dienste an – einzeln, aber auch als interdisziplinär arbeitendes Team. Zugleich wurde eine Website mit den Profilen der Beteiligten freigeschaltet.

Die nüchterne Zwischenbilanz nach zweieinhalb Monaten: Eine Reihe von Einzelaufträgen konnte akquiriert werden, wer früher schon nebenbei frei arbeitete, versucht, die alten Netzwerke zu aktivieren. Eine neue Festanstellung sprang bislang für keinen der 33 heraus. „Gerade unsere Online-Kompetenz wird in der jetzigen Marktsituation kaum nachgefragt“, beschreibt der promovierte Historiker Andreas Schneider das Dilemma. „Und nach der langen Tätigkeit als Lexikonredakteur führt auch kaum ein Weg in die Wissenschaft zurück.“ Schneider hat dank seiner langen Firmenzugehörigkeit eine siebenmonatige Kündigungsfrist; sein Arbeitsvertrag läuft offiziell zum 30. September aus.

Im Kampf um die knappe Ressource Aufmerksamkeit konnten die Leipziger indes punkten. „Unsere Initiative wurde quer durch die Branche positiv aufgenommen, es gab viel Mut machendes Feedback“, erklärt Christian Horn, der als Sprecher des Teams agierte und von mehreren Radiostationen und Zeitungen – darunter auch "Bild Leipzig" - interviewt wurde. Von der Idee, wenigstens einen Teil der 33 Kollegen als Nukleus eines neuen Projekts in Arbeit zu bringen, hat man sich noch längst nicht verabschiedet. „Die breite Aufstellung ist unser Pfund“, meint der promovierte Theaterwissenschaftler und Germanist selbstbewusst. Gegenwärtig lote man „mit einer Mischung aus Optimismus und Pragmatismus“ die Möglichkeiten aus: Ein Content-Management-System könnte zu günstigen Konditionen übernommen werden – „was noch fehlt, ist der Content“. Auch ein Bildungsportal hat vorsichtig Interesse signalisiert. Alles ist im Fluss. „Durch unsere nicht ganz alltägliche Aktion haben wir für die jetzt anstehenden Gespräche zumindest ein gutes Umfeld geschaffen“, schätzt Horn ein. „Viele Türen stehen offen, man hat uns im Blick.“ Blauäugig gibt sich indes auch ein Optimist wie Horn nicht. „Ich bewege mich sehr gezielt auf eine freie Tätigkeit zu.

Mehr über die aktuelle Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt für die Buchbranche lesen Sie im Börsenblatt 20/2009, das am Donnerstag erscheint.