Verlage schmerzt es zu sehen, wie die vom Gesetzgeber vorgesehenen Urheberrechtsschranken ausgereizt werden und ihr Geschäftsmodell bedrohen. Vor allem die Paragrafen 52 a und b des Urheberrechtsgesetzes, die die Lektüre digitaler Inhalte in Intranets und an elektronischen Leseplätzen regeln, provozieren regelmäßig Konflikte. Die Frankfurter Richter, die die Klage des Ulmer Verlags gegen die Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) Darmstadt zu verhandeln hatten, trafen eine salomonische Entscheidung: Die ULB dürfe Buchinhalte aus ihren Beständen digitalisieren und zur Lektüre bereitstellen, wenn dem keine vertraglichen Regelungen mit Verlagen entgegenstünden. Der Download der Inhalte hingegen sei nicht erlaubt. Die Urteilsbegründung steht noch aus. Was die Richter versucht haben, ist aber im Kern Folgendes: die Balance zwischen den verschiedenen Interessen, die beim Urheberrecht kollidieren, herzustellen.
Dem von Bibliotheken wie Nutzern gewünschten Verbreitungsinteresse stellen sie das Verwertungsinteresse der Verlage gegenüber. Könnte das Geschäft mit Lehrbüchern nicht gewinnbringend betrieben werden, würden diese Medien verschwinden und kostenlosen Skripten auf Uniservern Platz machen. Würde man aber den Bibliotheken im elektroni-schen Zeitalter untersagen, Buchinhalte digital zur Verfügung zu stel-len, kämen sie ihrem Informations-auftrag nicht nach. Das Urheberrecht im 21. Jahrhundert verlangt Anpassungen aller Beteiligten – auf der Verwertungs- wie auf der Nutzerseite. Dabei müssen im Zweifel die Ansprüche der Nutzer hinter denen der Produzenten zurückstehen. Denn Raubbau an geistigem Eigentum hätte letztlich nur die Entropie recycelter Inhalte zur Folge.