Meinung

Amazon wird zum Verleger

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Amazon plant in den USA mit "Amazon Encore" eine eigene Buchedition. Als erstes Buch soll im August der Fantasy-Roman "Legacy" der 16-jährigen Autorin Cayla Kluver erscheinen, den die Autorin zunächst im Eigenverlag publiziert hat. Dazu ein Kommentar von Börsenblatt-Redakteurin Sandra Schüssel.

Nach dem Kindle kommt der nächste Coup: Amazon wird zum Verleger. Dabei setzt der Online-Riese auf ein Geschäfts­modell, das auch Google nicht unbekannt ist: Rosinenpicken. Die Inhalte, das Kreative, erbringen andere, auf ihre Kosten. Bevor ein Autor von Amazon "entdeckt" werden kann, muss er ein Buch vorlegen.

Der Schreiber trägt die Initialkosten für Vorbereitung, Lektorat, Herstellung und Marketing. 95 Prozent der Autoren bleiben erfolglos und auf ihren Kosten sitzen, von den restlichen sucht sich Amazon die lukrativsten Texte aus. Beziehungsweise lässt aussuchen: Denn hier nutzt Amazon sein ausgefeiltes System der Kundenrezensionen, um spannende Titel herauszufiltern.

Nach dieser kostenlosen Vorarbeit vermarktet Amazon die Bücher­ neu. Mit seiner Vertriebsmacht ist es für Amazon dann ein Leichtes, aus jedem mittelmäßigen Buch einen Bestseller zu machen. So kann Amazon nur gewinnen.