Nach einer fast zweistündigen Debatte hatte das Parlament um 9.45 Uhr beürwortet, in die Diskussion über den Gesetzentwurf seiner Wirtschafts-und Abgaben-Kommission (WAK) einzutreten. 106 Parlamentarier stimmten dafür, 78 dagegen. Vor allem die Grünen und die Sozialdemokraten sowie Teile der Christdemokraten hatten den Eintritt in die Debatte über den Gesetzentwurf befürwortet, während die Volkspartei, die Freisinnigen und Teile der Christdemokraten ihn ablehnten. Es herrschte kein Fraktionszwang.
Bei der Detailberatung des Gesetzes hat der Nationalrat mit 107 : 67 Stimmen festgelegt, dass der Geltungsbereich der Buchpreisbindung nicht angewendet werden darf für Bücher, die online aus dem Ausland bestellt werden. Somit kann etwa Amazon.de Bücher mit Rabatt in die Schweiz liefern.
Mit 90 : 82 Stimmen sprach sich der Nationalrat dafür aus, dasss Bücher, die als Lehrmittel für den Unterricht konzipiert sind, aus der Buchpreisbindung ausgeklammert sind.
Das Problem der Preisüberhöhung fasste Bundesrätin Doris Leuthard zusammen: »Soll der Importeur oder der ausländische Verleger für den Preis zuständig sein? Und: Wann ist ein Preis überhöht? Wer soll das feststellen?« Die Bundesrätin hielt einen höchstens um zwölf Prozent erhöhten Preis für gerechtfertigt, aber keinesfalls 20 Prozent, wie es von den Schweizer Buchhandelsverbänden gefordert wurde. »Es ist ungerecht: Der Schweizer Verleger kann die Preise nicht festlegen, sondern nur ausländische Verleger, das ist eine Diskriminierung der Schweizer Verleger«, so Leuthard. Bei der Abstimmung stimmten jedoch 145 Parlamentarier für das vom Schweizer Verleger- und Buchhändler-Verband SBVV ausgearbeitete Bandbreitenmodell. Es erlaubt ausländischen Vergern und Importeuren eine Erhöhung des Preises bis zu 20 Prozent des Ladenpreises. Allerdings enthält das Gesetz einen Wermutstropfen für die deutschen Verleger, denn der zulässige Preis berechnet sich aufgrund des ausländischen Preises abzüglich der Mehrwertsteuer.
Bei den nächsten Detailabstimmungen stand der Konsument im Mittelpunkt. Parlamentarier Hans Kaufmann, der zahlreiche Änderungsinitiativen eingebracht hatte, meinte, es gäbe »keinen Grund, warum die Konsumenten bei Büchern das Währungsrisiko zahlen sollen. Bei den aufgedruckten Preisen sollte der Kunde wählen können, ob er den Euro-Preis oder den Franken-Preis bezahlt.« Hildegard Fässler-Osterwalder entgegnete: »Ich wohne in einer Grenzregion, da kann ich auch in Euro bezahlen. Aber wenn der Kunde ständig überlegen soll, ob ein Buchpreis beim aktuellen Kurs zu hoch ist oder nicht, gibt das einen unnötigen Umtrieb.« Kaufmanns Ansinnen wurde mit 99 : 83 Stimmen abgelehnt.
Spannend auch der Ausgang bei der Entscheidung um Dauer der Buchpreisbindung: Mit 88 : 84 Stimmen befürwortete der Nationalrat eine Preisbindungsdauer von 18 Monaten – 84 Parlamentariern hätten sechs Monate genügt, worüber sich Nationalrätin Hildegard Fässler-Osterwalder empörte: »Die Reduzierung auf sechs Monate ist der letzte Versuch einer Sabotierung, eine Aushebelung des Gesetzes.«
Bereits um acht Uhr hatte heute im Berner Bundeshaus die Parlamentssitzung begonnen; intensiv hatten sich die Redner mit den Auswirkungen einer Preisbindungen auseinandergesetzt. Streitobjekt blieb, wie man den grenzüberschreitenden Online-Handel kontrollieren kann. »Gegen das Internet können sich die Schweizer Buchhändler nicht wehren«, meinte Nationalrat Hans Kaufmann. Auch ob Schulen Rabatte bekommen sollen und wer Preise festsetzt, war umstritten.
Der Abstimmung war in den vergangenen Monaten eine lange Debatte um eine gesetzliche Regelung der Buchpreise vorangegangen. Die Regierung hatte zuletzt einen Markteingriff als sachlich ungerechtfertigt empfunden und am 20. Mai dem Nationalrat empfohlen, Bücherpreise nicht verbindlich festzulegen.
In einer Aktion hatte der Schweizer Buchrat am 7. Mai aufgefordert, mit den Nationalräten in Kontakt zu treten und sie von der Sinnhaftigkeit der Buchpreisbindung zu überzeugen:
»1. Wir brauchen ein Buchpreisbindungsgesetz, um in der Schweiz eine vielfältige Buchhandels-, Verlags- und Literaturlandschaft zu erhalten. Das kostet den Staat nichts und wirkt preisdämpfend aufs gesamte Sortiment. Alle umliegenden Länder machen gute Erfahrungen damit.
2. Wir wollen keine Inländerdiskriminierung durch ausländische Online-Händler. Die Ausnahmeregelung für den grenzüberschreitenden elektronischen Handel in Artikel 2 muss gestrichen werden.
3. Der Schweizer Buchhandel hat wesentlich höhere Lohn- und Mietkosten als die Kolleginnen und Kollegen in den Nachbarländern. Wir brauchen die Sicherheit, dass uns in Artikel 4 die Möglichkeit zur Anpassung der Euro-Preise auf das allgemeine Schweizer Preisniveau gewährt wird, sei es mit dem Bandbreitenmodell oder einer Lösung, die den Spielraum des Preisüberwachers festschreibt.«