Wie bewertet der SBVV die Entscheidung des Nationalrats?
Landolf: Das war ein wichtiger Etappensieg. Wir sind aber noch nicht am Ziel. Jetzt wird nochmals intensive Lobbyarbeit notwendig sein, um die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats von der Notwendigkeit der Preisbindung zu überzeugen.
Wie ist Ihre Einschätzung bezüglich eines positiven Votums des Ständerats?
Landolf: Nach gestern bin zuversichtlicher als vorher, auch wenn mir bewusst ist, dass wieder eine Menge Arbeit auf uns zukommt. Zwar sind Nationalrat und Ständerat zwei voneinander unabhängige Gremien, aber mit dem Nationalrats-Votum von 103 Ja-Stimmen zu 74 Nein-Stimmen ist der Druck doch relativ groß, dem Gesetz jetzt nicht vollständig zu widersprechen.
Haben Sie bereits Gespräche mit den Abgeordneten des Ständerats geführt?
Landolf: Nein. Aber bei einer Umfrage unter den 26 Kantonen, im so genannten Vernehmlassungsverfahren, äußerten sich zwei Drittel im Grundsatz positiv zur Buchpreisbindung.
Auch im Ständerat wird es wie bei der Nationalratsentscheidung keinen Fraktionszwang geben. Aber im Nationalrat haben sich doch einige Parteien als klare Befürworter herauskristallisiert. Kann man daraus auf eine ähnliche Konstellation bei den 46 Ständeräten schließen?
Landolf: Die Sozialdemokraten, die Grünen und die Bürgerlich-demokratische Partei haben das Gesetz überwiegend entschieden befürwortet, bei der Christlich-Demokratischen Volkspartei war die Zustimmung geteilt, nur die FDP war strikt dagegen. Bei der Schweizerischen Volkspartei hat der Walliser Nationalrat Oskar Freysinger unschätzbare Überzeugungsarbeit bei den Parlamentariern seiner Partei geleistet, so dass gestern 13 SVPler für die Buchpreisbindung gestimmt haben – das war mit entscheidend.
Das bedeutet aber nicht, dass die Abstimmung im Ständerat gleich verlaufen muss. Auch hier gilt, dass die Ständeräte nicht parteipolitisch gebunden sind.
Das bedeutet, dass Sie nun mit der Überzeugungsarbeit bei den Ständeräten beginnen?
Landolf: Zunächst einmal bei den Mitgliedern der WAK-Kommission des Ständerats. Die werden sich als erste intensiv mit der gestern verabschiedeten Gesetzeslage befassen.
Welche Modifikationen möchte der Schweizer Buchrat gerne noch im Gesetz erreichen?
Landolf: Wir würden gerne die Ausnahmeregelung in Artikel 2, wonach die Buchpreisbindung nicht für den grenzüberschreitenden elektronischen Verkehr gilt, streichen. Bei diesem Punkt haben wir gemerkt, dass wir zu wenig gut argumentiert haben, das müssen wir besser begründen.
Nationalrat Hans Kaufmann meinte ja gestern, Verstöße im Online-Handel seien ja schwer nachzuvollziehen und nicht zu ahnden.
Landolf: Da widerspreche ich deutlich. Verstöße sind sehr wohl juristisch verfolgbar, gerade in den Hauptimportländern der Schweiz, die alle selber die Buchpreisbindung kennen.
Ebenfalls schwer zu vermitteln war vielen, dass nach dem so genannten Bandbreitenmodell ein deutsches Buch nun in der Schweiz bis zu 20 Prozent teurer sein soll. Können Sie es uns erklären?
Landolf: Das Hauptargument sind nicht die Logistikkosten, wie vielleicht von einigen vermutet, sondern dass es in der Schweiz eine viel höhere Kaufkraft gibt als in Deutschland, Österreich, Frankreich oder Italien. Buchhandlungen haben auch deutlich höhere Ausgaben für Löhne, Ladenmieten. Werbung etc., deshalb sind sie auf etwas höhere Preise angewiesen, das ist übrigens sogar bei Aldi so. Dort sind die Preise für Lebensmittel in der Schweiz auch teurer wie bei Aldi in Süddeutschland. Und nicht zu vergessen: Mit der 20-Prozent-Deckelung werden die Bücher in der Westschweiz, wo über 20 Jahre deregulierter Buchmarkt zu Preisüberhöhungen von bis zu 40 Prozent gegenüber Frankreich geführt haben, deutlich billiger.