Große Berliner Bücher-Nacht

Julia Schoch: "In Berlin kann es kaum genug Lesefeste geben"

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Das Berliner Bücherfest der Branche hat gezeigt: Literatur zieht die Hauptstadtbewohner magisch an. Im vielfältigen Programm dabei war die Autorin Julia Schoch, die in der vollbesetzten Literaturwerkstatt Berlin aus ihrem Roman "Mit der Geschwindigkeit des Sommers" las. boersenblatt.net sprach mit Schoch über Literaturpreise, Internetpiraterie und Marketingmechanismen.

Der Börsenverein verbindet sein Jahrestreffen erstmals mt einem großen, öffentlichen Bücherfest. Eine gute Idee?
Julia Schoch: Zumindest in Berlin kann es kaum genug Lesefeste geben. Es kommen immer wieder genug Literaturinteressierte, die lange und konzentriert zuhören. Das erstaunt mich immer sehr. 

Ein großes Thema der Buchtage ist die Digitalisierung und der damit verbundene Datenklau im Internet. Wie beurteilen Sie als Autorin die Situation?
Julia Schoch: Man wird das nicht verhindern können. Als Autorin habe ich ja das Recht, mich gegen digitale Fassungen zu wehren. Was illegal im Netz passiert, kann ich nicht kontrollieren.

Haben Sie Ihre Werke schon in illegalen Tauschbörsen entdecket?
Julia Schoch: Nein. Ich beschäftige mich aber einfach nicht mit diesem Thema.

Sie waren mit Ihrem zweiten Roman "Mit der Geschwindigkeit des Sommers" für den Leipziger Buchpreis nominiert. Was hat Ihnen diese Nominierung gebracht?
Julia Schoch: Ganz viel Aufmerksamkeit, vor allem auch Einladungen für Lesungen, wie wahrscheinlich auch diese hier. Der Preis hat meinem Buch einen unheimlichen Schub gebracht. 

Aufmerksamkeit hat Ihr Roman auch durch das Jubiläum 20 Jahre Mauerfall erhalten. "Wenderoman", "autobiografische Aufarbeitung" - wie gehen Sie mit solchen Etikettierungen um?
Julia Schoch: Ich habe eigentlich nichts dagegen. Etikettierungen dienen ja der Orientierung. Vieles sind auch einfach nur Marketingmechanismen. So hätte mein Buch etwa schon im Herbst 2008 erscheinen können, aber der Piper Verlag hat sich für das Frühjahr entschieden - eben wegen der Leipziger Buchmesse und dem Jubiläum.

Als die DDR zusammenbrach waren Sie 13 Jahre alt. Glauben Sie, dass Sie so oder so Schriftstellerin geworden wären?
Julia Schoch: Ja natürlich, das ist doch mein Beruf. Ob ich es tatsächlich geworden wäre, weiß niemand. Es ist immer spannend, zu wissen, was geworden wäre, aber das geht ja nicht. 

Sie sind nicht nur Autorin, sondern auch Übersetzerin. Woran arbeiten Sie gerade?
Julia Schoch: An einem Roman des französischen Schriftstellers Georges Hyvernaud, der bei Suhrkamp erscheinen wird. Das Werk von Hyvernaud ist damit abgeschlossen.

Und Ihr dritter Roman?
Julia Schoch: Der wird noch etwas auf sich warten lassen. Es gibt Ideen, Ansätze, aber mehr kann ich dazu nicht sagen. 

Gestatten Sie mir noch eine persönliche Frage: Tout le Monde zieht's nach Berlin, Sie leben im beschaulichen Potsdam. Warum?
Julia Schoch: Ich habe 1991 den Zeitpunkt nach Berlin umzusiedeln verpaßt. Zwischendurch gab es auch immer mal Phasen, wo es einen eher aus Berlin herausgezogen hat. Und außerdem gehört Potsdam ja quasi zu Berlin. 

 

Julia Schoch, geboren 1974 in Bad Saarow, wuchs in Eggesin (Ostmecklenburg) und Postdam auf. Schoch studierte Germanistik und Romanistik in Potsdam, Bukarest und Paris. Seit 2003 ist sie freiberufliche Autorin und Übersetzerin. Zuletzt erschien von Julia Schoch im Frühjahr 2008 der Roman "Mit der Geschwindigkeit des Sommers" (Piper Verlag).