Interview mit Alexander Skipis

"Wir müssen für das Buch kämpfen"

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Die Debatte um die Mehrwertsteuer zeigt es wieder einmal: Unsere Branche muss sich ihren Rechtsrahmen stets aufs Neue sichern. Börsenvereins-Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis rät zur offensiven Verteidigung des Sieben-Prozent-Satzes.

9,5 Prozent ermäßigte Mehrwertsteuer statt bisher sieben – das wäre der aktuelle „halbe Satz“. Kann man als vernünftiger Buch-Lobbyist angesichts wachsender Staatsschulden überhaupt dagegen sein?
Alexander Skipis: Man muss sogar dagegen sein. Unsere Branche steuert mit ihren Inhalten und Werten einen entscheidenden kulturellen Beitrag zum Gelingen der Gesellschaft bei. Gerade in Zeiten sich verschärfender Medienkonkurrenz und eines Umbruchs ins Digitale schützt der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Bücher unseren, vom Gesetzgeber anerkannten Beitrag. Jede Erhöhung des Satzes würde ihn gefährden.

Die sieben Prozent waren ja ursprünglich der „halbe Satz“, er ist bei den Erhöhungen dieser Steuer nie angepasst worden.
Skipis: Aus meiner Sicht sind auch die sieben Prozent noch zuviel. Ich pflichte dem Focus-Herausgeber Helmut Markwort bei, der fordert, den Mehrwertsteuersatz für Printmedien zu senken. Vor der Krise hatten wir mit dem Bundesfinanzminister aussichtsreiche Gespräche mit dem Ziel, die sieben Prozent weiter abzusenken. Hier hat uns die Finanzkrise einen tiefroten Strich durch die Rechnung gemacht.

Das Drehen an der Mehrwertsteuerschraube führt rasch und wirksam zu Mehreinnahmen des Staates. Da ist die Versuchung besonders groß…
Skipis: …man muss ihr also besonders vehement entgegentreten. Wir sind auch in der Krise bisher eine Branche mit stabilen Umsätzen. Wer jetzt die erfolgreichen Wirtschaftszweige belastet, riskiert mehr zu verlieren, als er gewinnen könnte.

Glauben Sie im Ernst, dass wir ohne Steuererhöhungen dauerhaft hinkommen werden?

Skipis: Nein. Angesichts der hohen Staatsverschuldung wird kein Weg an Steuererhöhungen vorbei führen – entgegen aller wahlkämpferischen Bekenntnisse. Insofern haben wir hier kein verfrühtes Sommerloch-Thema, sondern eine reale Gefahr.

Wie sollte die Branche darauf reagieren?

Skipis: Es wird uns mit dieser Diskussion vor Augen geführt, dass wir unsere maßgeblichen Rahmenbedingungen nicht auf alle Zeiten sicher haben, sondern dass wir sie uns immer wieder erstreiten und sichern müssen. Das Versprechen der Kanzlerin, „Mit mir keine Erhöhung der Mehrwertsteuer!“, macht eher hellhörig, als dass es mich beruhigte. Auch die Preisbindung ist nicht in Stein gemeißelt. Ich kann nur dringend dazu raten, dass wir mit diesem Instrument in der täglichen Praxis verantwortungsvoll umgehen. Der Verband wird natürlich mit aller Kraft die Interessen so wirksam wie möglich der Politik und der Öffentlichkeit gegenüber vertreten.

Bücher haben auf der Liste der Güter, für die der reduzierte Mehrwertsteuersatz gilt, hohe Priorität. Mindert das die Gefahr?

Skipis:
Nein. Und ich warne davor, die sehr unterschiedlichen Güter, die zum Teil aus nicht nachvollziehbaren Gründen in den Katalog der reduzierten Mehrwertsteuer aufgenommen worden sind, jetzt gegeneinander auszuspielen. Wir müssen für unser Produkt kämpfen. Die Frage „Was fällt unter den reduzierten und was unter den vollen Satz?“ ist doch gar nicht sinnvoll diskutierbar. Jedes Hineinnehmen von Gütern kostet Geld, das keiner hat; und jedes Hinausnehmen verärgert einzelne Gruppen. So wie ich politische Entscheidungsprozesse einschätze, wird es deshalb, wenn es zu einer Erhöhung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes kommen sollte, zu einer pauschalen Anhebung kommen. Sollte wider Erwarten differenziert werden, hat das Buch natürlich eine herausragende Chance.


Aber dem Geist des Gesetzgebers würde es doch entsprechen, wenn auch für E-Books nur der ermäßigte Satz genommen würde.

Skipis: Unbedingt! Elektronische Bucherzeugnisse voll zu besteuern, entspricht in keiner Weise dem Regelungszweck. Das ist nicht nachzuvollziehen. Hier müssen wir mit der EU weiter verhandeln und tun das auch.