Filmrechte

Book meets Film oder: Wie man in zwei Minuten 224 Seiten vorstellt

23. Juli 2015
Sabine Cronau
Beim Münchner Filmfest haben gestern 11 Verlage potenzielle Filmstoffe vor Produzenten präsentiert. Der Sankt Ulrich Verlag war zum ersten Mal dabei – ein Interview über die Kunst des „Pitchings“, mit Lektorin Nadja Al-Dawaf und Verlagsleiterin Simone Lutz.

Einen religiös ausgerichteten Verlag wie Sankt Ulrich würde man nicht unbedingt als potenziellen Ideenlieferanten für einen Film sehen. Welches Buch hatten Sie in München im Gepäck?

Al-Dawaf: Den Erfahrungsbericht einer jungen Ärztin, der in der Klinik ein Baby unter den Händen stirbt – und die danach nach Afrika in die Entwicklungshilfe geht, um ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Das Buch heißt „Akwaaba“, Autorin Stephanie Waibel erzählt darin ihre eigene Lebensgeschichte.

Warum haben Sie sich gerade dafür entschieden?

Al-Dawaf: Weil es alles mitbringt, was ein Film braucht: Eine Hauptfigur, die alles auf eine Karte setzt, einen exotischen Schauplatz, in diesem Fall Ghana – und eine Sehnsucht, die viele teilen: Den Wunsch, aus dem Alltag auszubrechen, etwas ganz anderes zu machen. Es geht um eine Grenzerfahrung, jenseits aller Afrika-Klischees und mit vielen dramatischen Momenten.

Lutz: Als das Manuskript bei uns auf dem Tisch lag, haben wir sofort gedacht: Das ist Stoff für eine Verfilmung. Schon das Exposé hat mich an „Nirgendwo in Afrika“ erinnert, ein Film, den ich über alles liebe. Und wie der Zufall es manchmal so will, stand kurz darauf in den Mitteilungen des Börsenvereins – Landesverband Bayern, dass Verlage ihre Bücher beim Filmfest vor Produzenten präsentieren können.

Welche Chancen hat das Buch, verfilmt zu werden – nach Ihrem Auftritt in München? Haben Sie viele Visitenkarten in der Handtasche?

Al-Dawaf: Na, acht bis zehn werden es schon sein. Wir sind beim anschließenden „Get-together“ von vielen Interessenten angesprochen worden,  mit sehr konkreten Fragen – beispielsweise ob es Rückblenden im Buch gibt, welche Rolle der Schauplatz Ghana spielt, ob die Entwicklungshilfe, ein eher sperriges Thema, das Hauptmotiv des Buches ist und, und, und. Es war ausgesprochen spannend zu sehen, welche Aspekte für Produzenten wichtig sind.

Lutz: In den nächsten Tagen werden wir Lese-Exemplare an verschiedene Gesprächspartner schicken und dann weitersehen. Noch kennt das Buch ja niemand im Detail. Aber wir rechnen uns in der Tat ganz gute Chancen aus.

Sie hatten genau zwei Minuten Zeit, um den Produzenten den Inhalt von 224 Buchseiten schmackhaft zu machen. Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?

Al-Dawaf: Ich habe mich vorher mit der Autorin und mit Frau Lutz mehrmals über den Textinhalt für das Pitching ausgetauscht, wir haben uns genau überlegt, welche Aspekte des Buches, für eine Verfilmung interessant sind, die Präsentation vor Kollegen vorgetragen, recherchiert, was für eine Verfilmung wichtig sein könnte. Ein „Pitching“ –das macht man als Lektor ja auch nicht alle Tage. Hilfreich war sicher, dass ich selbst gern ins Kino gehe. Wir haben uns auf Kriterien für eine Kinoverfilmung konzentriert, da das Buch dafür besonders viel Potenzial hat. Außerdem gab es unmittelbar vor der Veranstaltung noch einen Probelauf ohne Produzenten, damit sich auch wirklich alle an den Zeitrahmen von zwei Minuten halten.

Lutz: Man muss sich in einem solchen Fall eben ganz genau überlegen: Was sind die wirklich wichtigen Ereignisse in diesem Buch. Dann sind zwei Minuten gar nicht mehr so wenig.

„Akwaaba“ ist auch das erste Buch aus einem neuen Lebenshilfe-Segment bei Sankt Ulrich. Start ist im Herbst, mit sechs Titeln. Warum bauen Sie Ihre Programmpalette aus?

Al-Dawaf: Die Motivation, Lebensratgeber zu machen, entstammt dem Selbstverständnis unseres Hauses: Als christlicher Verlag wollen wir auch positiv in die Gesellschaft hineinwirken und die Probleme und Nöte der Menschen direkt ansprechen - vor allem mit authentischen Geschichten und Lebensberichten, die Identifikationsmöglichkeiten mit anderen Menschen, anderen Schicksalen bieten. Neben „Akwaaba“  erscheint beispielsweise ein Buch über 15 Männer, die für ihr Kind „Vaterzeit“ genommen haben und nun von ihren Erfahrungen mit Chefs, Müttern und Krabbelgruppen erzählen.