Die Österreichische Nationalbibliothek in Wien übernimmt rund 8.000 Bücher aus der Bibliothek des Schriftstellers Arthur Schnitzler. Die Übergabe hatte Schnitzlers Sohn Heinrich testamentarisch verfügt. Nach dem Tod von dessen Witwe Lilly Schnitzler wird nun eine Bibliothek wieder zusammengefügt, deren Schicksal Österreichs Zeitgeschichte widerspiegelt.
Der Pressetext fährt selbstkritisch fort: "1940 wurde die Bibliothek des bereits 1931 verstorbenen jüdischen Schriftstellers Arthur Schnitzler durch die Gestapo beschlagnahmt und – wie es in einem Schreiben der Gestapo heißt – 'der Nationalbibliothek zur weiteren Verwertung überlassen'. Im Jahr 1946 richtete der Schauspieler und Regisseur Heinrich Schnitzler seine Rückstellungsforderung an die Österreichische Nationalbibliothek. Der Restitutionsfall scheint symptomatisch für den Umgang der Profiteure mit ihrer Rückstellungsverpflichtung in der Nachkriegszeit: Man anerkannte zwar den Anspruch, agierte jedoch äußerst zögerlich und ließ dem Geschädigten gegenüber jede Einsicht des begangenen Unrechts vermissen.
Heinrich Schnitzler erhielt 1947 die noch auffindbaren Werke der Bibliothek seines Vaters zurück, zeigte sich jedoch sehr enttäuscht von der unverschämten Behandlung seitens der Rückstellungspflichtigen. Trotz des Verlusts eines Drittels seiner Bibliothek und der unbestritten aktiven Rolle, welche die Nationalbibliothek beim Raub seines Eigentums eingenommen hatte, fühlte Schnitzler sich der Österreichischen Nationalbibliothek dennoch verbunden. Testamentarisch vermachte er ihr seine gesamte Bibliothek, das theaterwissenschaftliche Material sowie die Originalhandschrift der 'Liebelei'. Etwa die Hälfte der Bibliothek wurde bereits nach seinem Tod 1982 von der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.
Doch erst lange nach Heinrich Schnitzlers Tod bewahrheitete sich dessen Vermutung: bei der Aussonderung der beschlagnahmten Werke in der Nachkriegszeit war nicht genau gearbeitet worden. So wurden im Zuge der von Generaldirektorin Dr. Johanna Rachinger bei ihrem Amtsantritt initiierten Provenienzforschung weitere Objekte aus der Bibliothek Arthur Schnitzlers ausfindig gemacht und 2005 an Heinrichs Witwe Lilly Schnitzler restituiert."