Auktionen

Deutsche Buchauktionen mit erfolgreichem erstem Halbjahr

9. Juli 2009
Redaktion Börsenblatt
Besser als erwartet: die deutschen Buchauktionen schlossen im ersten Halbjahr 2009 auf solidem Niveau ab.

Ein Blick in Ergebnislisten, Pressemitteilungen und Nachberichte zeigt: die deutschen Auktionshäuser konnten das Niveau des letzten Jahres in etwa halten – trotz mancher Skepsis im Vorfeld. Als Basis für diesen Erfolg werden Marktfrische, Seltenheit, Qualität oder Diversifizierung des Angebots genannt. Bemerkenswert: im Vergleich zum Frühjahr 2008 gab es sogar mehr Buchauktionen.

Peter Kiefer (Pforzheim) setzte zudem auch auf Quantität: er rief auf seinen drei Auktionen 67–69 fast 20.000 Lots aus allen Bereichen auf. Der Gesamterlös betrug 3,04 Millionen Euro. Spürt er einen Einfluss der Wirtschaftskrise? "Nein, bisher nicht", sagt Peter Kiefer, "im Februar hatte ich etwas den Eindruck, aber bei der Aprilauktion überhaupt nicht. Im Gegenteil, der Saal war so voll wie schon lange nicht mehr, und es lagen auch sehr viele schriftliche Aufträge vor." Das Sächsische Auktionshaus von Christian Wend (Leipzig) veranstaltete seine Auktion 18 am 14. März parallel zur Leipziger Antiquariatsmesse. Die Zuschläge lagen überwiegend im zwei- und dreistelligen Eurobereich; der Gesamtumsatz (inklusive Aufgeld) bei etwa 220.000 Euro, rund 70 Prozent der Taxe. Zufrieden ist man bei Venator & Hanstein (Köln): mit einem Umsatz von einer Million  Euro erreichte man rund 75 der Schätzpreissumme. Ein Mercator/Hondius-Atlas (Amsterdam 1633) stieg auf 25.000 Euro (10.000); ein Codex mit Predigten von Geert Grote vom Anfang des 15. Jahrhunderts auf  26.000 Euro (9.000).

Den höchsten Zuschlag der Saison realisierten Reiss & Sohn (Königstein im Taunus). Eine europäische Privatsammlung übernahm für 130.000 Euro (120.000) Nikolaus Joseph Jacquins "Plantarum rariorum horti Caesarei Schoenbrunnensis descriptiones et icones" (Wien 1797–1804) – eine Beschreibung der Pflanzen des Schönbrunner Gartens. Am besten liefen bei Hartung & Hartung (München) in Auktion 122 Landkarten, gefolgt von Alten Drucken und Deutscher Literatur bis 1900. Der Umsatz machte 78 Prozent der Schätzsumme aus. Auch Herbert Schauer von Zisska & Schauer (München) zieht ein positives Fazit seiner Auktion 53, merkt aber an: "Teure Objekte werden sehr selektiv gekauft." Ein gut gefüllter Auktionssaal und "sehr aktiver" Handel sorgten für eine Zuschlagsquote von rund 76 Prozent. Nach Umsatz und Steigerungen waren die Ergebnisse bei Stücken des 20. Jahrhunderts herausragend. Die Spitzenzuschläge fielen jedoch innerhalb der 60 angebotenen Inkunabeln.

Die Hamburger Buchauktion 353 von Ketterer Kunst erlöste (Zuschläge plus Aufgeld) rund 1,2 Millionen Euro und erreichte damit das Vorjahresniveau. Zu 85 Prozent wurden die 107 ausgewählten Objekte der Abendauktion abgesetzt; allein hier wurden rund 484.000 Euro erlöst – darunter auch die Topp 5-Ergebnisse der gesamten Auktion. Auf 34.000 Euro (Erlös; 18.000) kletterte Matthias Merians "Theatrum Europaeum", Bände I–XX (1662–1764). Eine Neuerung gab es für den zweiten Auktionstag: sämtliche Lots wurden in einer "Stillen Auktion" angeboten, nicht ausgerufen, sondern nur über schriftliche Gebote vergeben. Gemessen am Schätzpreisvolumen konnte Ketterer hier über 50 Prozent einspielen. – Hauswedell & Nolte (Hamburg) melden für ihre Auktion 415, dass die Schätzpreissumme von knapp einer Million Euro zu 82 Prozent, inklusive Nachverkauf zu 85 Prozent gedeckt wurde. Rund 90 Prozent der Einlieferungen stammten aus privaten Sammlungen. Insbesondere naturwissenschaftliche Bücher, Atlanten und Alte Drucke sowie Einbände und Pressendrucke des 20. Jahrhunderts waren gefragt. Unerwartet gut schnitt mit 37.000 Euro (12.000) ein Sammelband (aus einer niedersächsischen Familienbibliothek) mit 120 kolorierten Stadtansichten und Plänen aus den Atlanten von Seutter und Homann (Nürnberg, 18. Jahrhundert) ab.

Die Berliner Szene wurde durch die Aufspaltung des Auktionshaus-'Konglomerats' Jeschke, Hauff, Auvermann und van Vliet neu aufgestellt. Man trennte sich Ende 2008 in die Firmen Hauff & Auvermann sowie Jeschke van Vliet. Hauff & Auvermann führten ihre Buchauktion 57 in neuen Räumlichkeiten in der Badenschen Straße 29 in Wilmersdorf durch. Jeschke van Vliet, per se auf Kunst spezialisiert, versuchen sich unterdessen als weiteres Buchauktionshaus in der Hauptstadt zu etablieren. Den Anfang machte Auktion 60 am 2. Juli. Man hegt ambitionierte Pläne: Hans-Joachim Jeschke kündigt vier Buchauktionen jährlich an – mit jeweils rund 400 Nummern in "überschaubarer Präsentation". – Die Berliner Galerie Bassenge legte für ihre Auktion 93 einen Sonderkatalog "Der Malik Verlag 1916–1947" mit 275 Lots vor. Diese konnten zu großen Teilen abgegeben werden; die Zuschlagsumme übertraf hier deutlich die Schätzpreissumme.

Nicht ganz zufrieden war Dietrich Schneider-Henn (München) mit seiner Juni-Auktion: "In einem Gesamtergebnis von 680.000 Euro bei einem Schätzwert von 1,2 Millionen drücken sich nicht nur allgemeine Krisenverhaltung aus, sondern auch der zunehmend schwere Stand wissenschaftlicher Literatur in der Auktion. Und Kunstwissenschaft ist nun einmal traditioneller Schwerpunkt bei Schneider-Henn, München, wenngleich in den jüngsten Auktionen deutlich reduziert zugunsten von illustriertem Buch, Zeichnungen, Druckgraphik, künstlerischer Dokumentation." – Das Braunschweiger Auktionshaus Klittich-Pfankuch dagegen schloss seine Auktion 55 mit einer herausragenden Zuschlagsquote (nach Lots) von 80 Prozent ab; das Spezialgebiet Schach (660 Lots) allein kam auf 82 Prozent. Unter letzterem fand sich auch eine Sammlung von rund 140 Schachspielen und Schachfiguren des Kinderbuchautors Günter Spang.

Eine der ersten Adressen für den internationalen Autografenhandel ist J. A. Stargardt (Berlin). Die Summe der Schätzpreise auf Auktion 691 wurde um 40 Prozent übertroffen; bei einer Zuschlagsquote von rund 83 Prozent. Neben Saalbietern waren zahlreiche Interessenten aus Amerika, Westeuropa oder Russland (Zaren-Autografen im Angebot) an den Telefonen aktiv. Goethes eigenhändiges Gedicht "Der Becher" vom September 1781, gerichtet an Charlotte von Stein, ersteigerte ein Privatbieter für 80.000 Euro (60.000). Im Bereich Musik konnten etwa ein Musikmanuskript  ("Loreley") von Franz Liszt (17.000 / 6.000), ein Empfehlungsschreiben Leopold Mozarts (16.000 / 5.000) und ein Brief Robert Schumanns an seine Mutter (16.000 / 8.000) deutlich zulegen.

Ein ausführlicher Nachbericht erscheint in der nächsten Ausgabe der Fachzeitschrift "Aus dem Antiquariat".

gla