Als erfahrene Moderatorin eröffnete Fried mit ihrem Favoriten, "Weiße Geister" von Alice Greenway (marebuch), die Auftaktsendung: "Sinnlich und fesselnd, es hat mich reingezogen wie eine Schlingpflanze.“ Mangold hielt mit "Ein anderes Leben“ von Per Olov Enquist (Hanser) dagegen. „Ihn zu lesen und nicht zu lieben ist unmöglich“, behauptete der stellvertretende Feuilletonchef der "Zeit" und erhielt durch Fried sogleich den Gegenbeweis: „Etwas mehr Lektorat hätte dem Buch nicht geschadet!“ Nach diesen Aufwärmübungen kamen Fried, die vorher streckenweise noch recht steif wirkte, und der gestikulierende Mangold authentischer rüber.
Fried erkannte sich offenbar selbst wieder in den, wie sie sagte, „zwanghaften Mittelstandsmüttern mit Biokost und Waldorfschule“, die Anna Katharina Hahn in ihrem Buch „Kürzere Tage“ (Suhrkamp) beschreibt. Mangold lobte die „ätzende Beobachtungsgabe“ der Autorin. Kontroverser ging es bei Joey Goebels „Heartland“ (Diogenes) zur Sache. Sie: „Toll, wie der Konflikt beschrieben wird.“ Er: „Dieser Wälzer hat mich unendlich angestrengt.“ Sie: „Sie sind doch hier als junger Wilder angetreten – jetzt muss ich alte Schachtel hier eine Bresche für die Literatur schlagen!“ Er: „Die Liebesgeschichte darin ist noch das Beste.“ Sie: „Ich finde, es ist ein sehr unterhaltsamer Familienepos.“ Er: „Mich nervt diese Familie!“
Für die Zuschauer wurde es an Stellen wie dieser spannend. Doch statt hier vertiefen zu können – schließlich hatten die Macher der Sendung „Rückkehr zu mehr Literaturkritik und Diskurs“ angekündigt -, musste Mangold vom Sofa hechten und im Sekundentakt drei weitere Titel runterrattern („Der Aufstieg des Geldes: Die Währung der Geschichte“ von Niall Ferguson (Econ), „Paradiso“ von Thomas Klupp (Berlin Verlag), „Wir sind alle Isländer: Von Lust und Frust in der Krise zu sein“ von Halldór Gudmundsson (btb)). Dermaßen komprimiert war es kaum möglich, ihm dabei wirklich folgen zu können. Kurz und bündig auch der Auftritt von Schauspieler Walter Sittler, der mit Erich Kästners „Als ich ein kleiner Junge war“ (dtv) einen Klassiker einbrachte. Was das „Coffetable-Book für die Junggesellenbude“ („Big Book of Legs“, Taschen) ganz zum Schluss sollte, ist fraglich, zumal das Moderatorenduo doch im Vorfeld versprochen hatte, die kostbare Sendezeit für Bücher zu nutzen, die es wert sind.
„Die Vorleser“ konnten sich gleich nach der Premiere in die Sommerpause verabschieden. Am Freitag, dem 18. September, geht der Literaturmarathon in die zweite Runde.
Zur Sendung: "Die Vorleser" erscheint 6x jährlich, jeweils freitags um 22.30 Uhr (2009: 10.7., 18.9., 23.10., 4.12.)