Kommentar

Klett: Tradition für den Schredder?

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Was davon zu halten ist, wenn der Vorstandschef eines der größten Verlagsunternehmen das herkömmliche Buch als sehr limitiertes Produkt beschreibt. Ein Kommentar von Börsenblatt-Redakteur Holger Heimann

Die Welt zwischen zwei Buchdeckel zu pressen – das ist ein Gedanke, von dem man sich verabschieden muss.« Das ist ein markiger Satz, wie ihn sonst verbissene Internet-Anhänger kundtun. Recht haben sie, natürlich passt die Welt da nicht hinein, aber eine Menge Welt. Und hinzufügen lässt sich: Zum Glück wird nicht jede Belanglosigkeit zum Buch.

Bemerkenswert ist auch nicht so sehr der Satz allein, sondern in diesem Fall der Absender. Der heißt Philipp Haußmann und ist Vorstandschef der Ernst Klett AG und die produziert immer n0ch ­eine Menge Bücher. Macht sich da ein Nachfolger im Familienkonzern daran, die Tradition der Vorgänger in den Schredder zu befördern?

Gemach. Gemach. Dass ein großer Wissensverlag die Vorzüge des Internets zu nutzen versucht, versteht sich von selbst. Ob die Zukunft allerdings der Anzeigen­finanzierung im Netz gehört, wie Haußmann glaubt, oder dem Paid Content, das zu beurteilen, dazu steht der letzte Klick noch aus.

Ohnehin dürfte die Polemik noch anders motiviert sein. Haußmann hat schlicht Werbung gemacht für das neue Angebot von Pons, die Deutsche Rechtschreibung kostenlos online zur Verfügung zu stellen. Dafür lohnt es sich, sehr laut zu rufen. Und natürlich muss man auch den »Duden« ziemlich anbrüllen, um den Klassiker-Konkurrenten zu beeindrucken.
Und noch sind auch bei Klett Buchdeckel in Gebrauch. In solche verpackt kommt »Pons Deutsche Rechtschreibung« auch in den Handel. Darin steckt dann wohl nicht die ganze Welt, wohl aber ­eine große Zahl von Stichwörtern.
Viele finden solch ein Buch noch immer unschlagbar gut.