Meinung

Buchhandel: Harte Zeiten

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Warum es sich als Campusbuchhändler trotz allem und noch immer lohnt, nah bei den Studenten zu sein. Von Heinrich Riethmüller.
Die Campusbuchhandlung: ein Erfolgs- oder ein Auslaufmodell? Die 1970er und 1980er Jahre, in denen die meisten Campusbuchhandlungen entstanden, waren wohl die »Goldenen Jahre der Bildungspolitik«. Es war die Zeit des Aufbruchs, der Studentenrevolte, der Forderung nach »Bildung für alle«, der Entstehung neuer Studienzweige, der Neugründungen von Universitäten; der gesellschaftliche Diskurs spiegelte sich in einer unbändigen Publikationslust wider, neue Verlage wurden gegründet und neue Buchreihen entstanden, die Ausgaben für Bildung wurden erhöht.
Wie hat sich seither die Studienlandschaft geändert! Regelstudienzeiten wurden eingeführt, Studiengebühren erhoben, das Studium einer knallharten Erfolgskontrolle unterworfen. Die Studierenden sind erfolgsorientierter geworden, und auch die Dozenten haben sich dem Diktat der Effizienz unterordnen müssen: Skripte der Vorlesungen werden ins Netz gestellt oder direkt in den Seminarräumen zur Verfügung gestellt. Oft ist das Lehrbuch nicht mehr das Leitmedium für Studenten.
Deshalb müssen Verlage noch mehr den Dialog mit Dozenten und Studenten suchen, deren Erwartungen und Wünsche erkunden und sich auf die geänderte Studiensituation einstellen, um marktgerechte Studienliteratur publizieren zu können. Studenten suchen kompakte und komprimierte Darstellung von Wissen. Glaubt man den Umfragen, ziehen sie immer noch die Printversion den elektronischen Inhalten vor. Aber auch dies wird sich, wenn es vernünftige und bezahlbare Geräte und entsprechende elektronische Angebote geben wird, ändern. Darauf müssen sich die Campusbuchhandlungen und Verlage einstellen und sich schon heute den neuen Verhaltensweisen und Informationsinteressen der Studierenden anpassen.
Längst machen zwei Konkurrenten dem Buchhändler, der mit Studienliteratur handelt, das Leben schwer: zunächst Amazon, der scheinbar attraktive Buchhändler, der keine Miete bezahlt, kein Verkaufspersonal vorhält, von Verlagen traumhafte Rabatte erhält und keine Lagerhaltung finanzieren muss.
Den meisten Studierenden ist oft gar nicht klar, dass auch die Unibuchhandlung in der Regel über einen leistungsfähigen Internetauftritt verfügt und Bücher innerhalb von 24 Stunden in die Studentenbude schickt, mit praktischer Umtauschgarantie und den vielen Vorteilen einer Buchhandlung vor Ort. Dieses Online-Angebot muss man noch bekannter machen und sicher noch weiter ausbauen, zum Beispiel die für die eigene Universität relevante Literatur auf der eigenen Homepage gezielt anbieten.
Und dann: Ebay und der Gebrauchtbuchmarkt. Musste man vor einigen Jahren, wenn man sein Lehrbuch verkaufen wollte, noch Zettel ans Schwarze Brett pinnen, so geht dies heute im Netz viel effizienter. Hier ist dem stationären Buchhandel mittlerweile eine starke Konkurrenz erwachsen, und die meisten Versuche von Buchhandlungen, am Gebrauchtbuchmarkt zu partizipieren, sind gescheitert.
Die Zeiten für die Campusbuchhandlungen sind wohl härter geworden, aber trotzdem lohnt es sich noch, bei den Studierenden vor Ort zu sein und sich als kompetenter Händler für Infor-mation zu profilieren: In der Campusbuchhandlung gewonnene Kunden halten Buchhandlungen oft ein ganzes Leben lang die Treue.