Zumindest insofern, dass ich erkennen musste, wie wenig die Lesewelt der Sehenden mit der der Blinden vertraut ist und umgekehrt. Genauer gesagt, weiß keiner etwas über den anderen.
Dass die Sehenden den Blinden-Buchmarkt kaum zur Kenntnis nehmen, habe ich ja schon länger vermutet. Im Rahmen meines Praktikums bekam ich nun Gelegenheit, das zu überprüfen. Ich regte an, im Börsenblatt eine Blinden- und Sehbehinderteninstitution vorzustellen. Denn ich halte es für eine gute Idee, die Sehenden besser mit den Blinden bekannt zu machen. Könnten nicht beide Seiten davon profitieren, wenn sie stärker miteinander vernetzt wären? Tatsächlich nehmen sie sich, wie gesagt, höchstens am Rande wahr. So hörte ich in der Börsenblatt-Redaktion mehrere Bemerkungen wie „Blindenbuchmarkt? Da kenne ich mich nicht aus. Es wäre gut, wenn Sie das übernehmen.“
Also kümmerte ich mich darum, einen geeigneten Interviewpartner für das Börsenblatt zu finden. Ich entschied mich schließlich für das BIT-Zentrum in München und rief dort an, um anzufragen, ob jemand bereit wäre, mir einige Fragen zu beantworten. Zu meiner großen Überraschung war der Mann am anderen Ende der Leitung, der eine nicht unbedeutende Funktion beim BIT-Zentrum inne hat, völlig ahnungslos, woher der Anruf eigentlich kam. „Börsenblatt? Ist das eine Zeitschrift?“
Ich habe ja selbst schon bemerkt, dass die Sehenden den Blindenbuchmarkt kaum wahrnehmen. Aber dass dem BIT-Zentrum das Börsenblatt kein Begriff ist, damit habe ich nicht gerechnet. Und ich finde es wirklich sehr schade, dass jeder sein eigenes Ding macht. Nur gemeinsam sind wir stark, so heißt es doch. Und Buchmarkt ist Buchmarkt, oder etwa nicht? Woran liegt es also, dass hier keiner den anderen sieht? Wir sind doch nicht alle blind. Wir könnten uns zusammenschließen (ein paar Anregungen dazu habe ich ja schon in früheren Blogbeiträgen gegeben). Wir sollten gemeinsam dafür sorgen, dass zwischen Blinden und Sehenden eine höhere Verständigung besteht. Ähnlich wie zwei Kulturen, die miteinander verbunden werden sollen, gibt es auch hier Barrieren zu überwinden und Unterschiede auszugleichen. Die Leser – vor allem die blinden Leser – würden es den Akteuren des Buchmarktes sicherlich danken, wenn sie näher zusammenrückten.