Es ist kein Zufall, dass in Berlin, der »Hauptstadt der Unterschicht«, die meisten (deutschsprachigen) Autoren leben. Wo sonst könnte man seine prekäre Schriftstellerexistenz zu so günstigen Konditionen fristen? Und wo sonst fände man die Dichte an literarischen Personen, Institutionen, Ereignissen und Bezügen – wenn nicht an der Spree? In Berlin, der Kapitale der Haushaltslöcher und Subventionen, wird der Löwen- oder besser: Bärenanteil des geistigen Bruttosozialprodukts dieser Republik »erwirtschaftet«. Kein Zufall, sondern Methode also, wenn auch Verlage in die Hauptstadt ziehen. Oder dorthin gezogen werden. Das Schwerefeld Berlins als geistig-literarisches Zentralgestirn ist jedenfalls beträchtlich. Und so werden sich die Umzugsnachrichten – vor Monaten von Suhrkamp, und aktuell vom Münchner Blumenbar Verlag – in den nächsten Jahren häufen.
Ob sich der Wechsel ins Zentrum der Literaturaktivität auch in jedem Fall auszahlt, wird sich zeigen. Ebenso bleibt abzuwarten, ob das in Berlin vermutete Medienecho auch tatsächlich die Aufmerksamkeit erregt, die Verlage, Buchhandel und Autoren sich erhoffen. Wo zu viele Froschkönige im Brunnen quaken, hat nur einer die Chance, die goldene Kugel heraufzuholen und ein Küsschen von der Prinzessin zu ergattern. Da ist es bisweilen klüger, einen Standort zu besetzen, der gerade wegen seiner Abgeschiedenheit attraktiv ist – etwa in der Nordheide oder im Hochschwarzwald. Dort lässt sich der Puls der Zeit manchmal sicherer fühlen als im Metropolentrubel.