65.000 E-Books im ersten Halbjahr verkauft!

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
In der vergangenen Woche kam die Pressemeldung der GfK, dass 65.000 E-Books im ersten Halbjahr in Deutschland verkauft worden sind. Die Meldung wurde beinahe überall abgedruckt. Und in vielen Blogs begann sofort eine wilde Diskussion. Da schreien die einen: "Gescheitert! Hab ich doch gleich gesagt!" Und für die anderen ist das ein hoffnungsvolles Zeichen. Manche folgern, dass der Preis für E-Books eben viel zu hoch sei. Und andere beklagen das viel zu zögerliche Angebot der  Verlage.
Und ich frage mich, wie man aus dieser Zahl 65.000 denn überhaupt irgend etwas ablesen will?

Die GfK ermittelt die Kaufgewohnheiten von 20.000 Endverbrauchern. Wenn wir mal grob schätzen, dass wir in Deutschland bei 80 Mio. Einwohnern 65 Mio. Endverbraucher haben, dann steht also einer im GfK
Panel jeweils für 3.250 Verbraucher. Und 65.000 verkaufte  E-Books als Hochrechnung bedeutet also einfach, dass die 20.000 Panelisten der GfK angegeben haben, dass sie im ersten Halbjahr 20 E-Books gekauft haben. 20 einsame E-Books, die jetzt durch die Pressemeldungen und Blogs geistern und zu wilden Diskussionen Anlass geben. Statistisch ist das sauber. Aber wollen Sie wirklich unternehmerische Entscheidungen über Chancen und Risiken des E-Books-Markts daraus ablesen?

Klar, 65.000 E-Books sind eine tolle Zahl. Immerhin ist das im Prinzip nur die Zahl für das zweite Quartal. Und da wir in einem exponentiellen Wachstum sind, ist anzunehmen, dass wir im dritten Quartal bei 120.000 und im vierten bei 240.000 sind, also für das Gesamtjahr  fast schon eine halbe Million zusammen kommt.

So schön solche Hochrechnungen sind, mir drängen sich bei der GfK-Meldung eher andere Fragen auf: Was versteht die GfK in ihren Fragebogen unter E-Books? Sind das nur Einkäufe für Reader?  Oder verstehen die Käufer unter E-Book gar den Reader selbst, was dann die Zahl 20 in ganz anderem Licht dastehen ließe? Sind in den Zahlen auch PDF enthalten? Da die Zahl aus dem Haushaltspanel kommt: Sind sämtliche Käufe von Firmen, Institutionen, Schulen, Hochschulen und Biblotheken nicht erfasst? Wie werden überhaupt
Netzwerklizenzen mit  tausenden von Zugriffen gezählt? Sind Downloads kostenloser E-Books im App.Store oder von Plattformen wie Projekt Gutenberg auch erfasst?

Noch größer wird mein Fragezeichen, wenn ich unsere eigenen Verlagszahlen anschaue. Wir sind eigentlich nur bei libreka! und mit einem eigenen E- Book-Shop vertreten. Und da kommen wir auf 829 verkaufte E-Books. Das ist nicht umwerfend. Aber im Vorjahr war es nichts. Und ich kann wenigstens Kaffeesatzleserei betreiben, weil ich sehe, wie sich die Verkäufe über unsere Programmsegmente verteilen, welche Durchschnittspreise sich ergeben, wie der monatliche Zuwachs ist. Wer immer noch nicht begonnen hat, der hat noch nicht mal einen Kaffeesatz zum lesen.