E-Books

Der große Sprung steht erst bevor

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
E-Ink-Reader stecken immer noch in den Kinderschuhen. Neue Geräte müssen leistungsfähiger und flexibler werden, um im Markt bestehen zu können. Was vielen Geräten noch fehlt: Farbe, ein schnellerer Prozessor, eine direkte Verbindung ins Internet, ein günstiger Preis. Erste farbige Prototypen sind angekündigt, und Sony und txtr haben noch für dieses Jahr Reader angekündigt, die eine drahtlose Schnittstelle haben. Mehr zum Thema E-Books lesen Sie in unserem Extra der aktuellen Printausgabe des Börsenblatts (35 / 2009).

Man erinnere sich: Der erste MP3-Player kam 1995 auf den Markt – doch es dauerte Jahre, bis das Gerät eine Marktdurchdringung erreicht hatte, die es heute als Massenunterhaltungsartikel erscheinen lässt. Dies ist vor allem einem Player zu verdanken, der es in Design, Funktionalität und Content-Versorgung zur (vorläufigen) Perfektion gebracht hat: dem iPod.

Bis es auch bei E-Book-Lesegeräten – vornehmlich denen, die eine E-Ink-Technologie verwenden – so weit ist, dass ein Produktname zum Synonym für eine ganze Gerätegattung wird, muss noch viel geschehen. »In der Innovationswelle dieses Herbstes«, ist sich Nina Kreutzfeldt, Geschäftsführerin von Kreutzfeldt digital, sicher, »wird dieses Gerät allerdings noch nicht dabei sein.«

Die heutigen Geräte sind technologisch und funktionell noch nicht in jeder Hinsicht auf dem Stand, auf dem sie mit Notebooks, Netbooks oder gedruckten Büchern konkurrieren könnten. »Für Belletristiktitel sind die Geräte gut geeignet, für komplexere Inhalte wie etwa Fachbücher allerdings nicht ideal«, meint Kreutzfeldt. »Das hohe Entwicklungstempo und das wachsende Gerätespektrum stimmen jedoch optimistisch.« Als nächstes müssten vor allem Lesegeräte mit Konnektivität und größeren Screens zu attraktiven Konditionen angeboten werden.

Der Digital Reader 1000 S von iRex und der Kindle DX sind zwar erste Schritte in diese Richtung – auch wenn sie noch zu langsam und teilweise zu klein für PDFs sind –, doch mehr Potenzial verspricht der Reader von Plastic Logic, der nicht nur eine andere Display-Technologie verwendet, sondern auch den kompletten Inhalt einer DIN-A4-Seite (ohne Rand) anzeigen kann.

Das flexible Plastikdisplay wird im Gegensatz zu anderen Readern nicht in eine Glas- oder Acrylschicht eingebettet. Auch die aufgedruckte Touchscreen-Schicht ist aus Plastik. Damit ist das Gerät robuster als seine Konkurrenten und hält Belastungen stand, die zum Beispiel Schüler ihren Unterrichtswerken zumuten. Noch ist das Gehäuse, in dem das flexible Display steckt, starr. Doch es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis alle Bauteile so verkleinert oder plotterfähig sind, dass sie sich wie Display-Schaltkreise auf eine Plastikfolie aufdrucken lassen.

Ein wichtiger Entwicklungsschritt wäre die Einführung von Farbdisplays. »Damit könnte man den Magazinbereich und Fachpublikationen erschließen«, sagt Falk Kühnel von Lesegeräte-Händler justread.de. Mit farbiger Darstellung ließe sich aber auch die jüngere Zielgruppe erreichen, bei Comics ebenso wie im Schulbuch, ist Nina Kreutzfeldt überzeugt. Derzeit wird laut Kühnel an mehreren Konzepten für farbige Reader gearbeitet. In Japan testet ­Fujitsu den Flepia, der allerdings nicht dem E-Ink-Standard entspricht, während andere Hersteller mit drei übereinanderliegenden Farbschichten arbeiten. iRex hat angekündigt, 2011 mit einem Farbreader auf den Markt zu kommen, der sich der subtraktiven Farbsynthese bedient und eine dreimal höhere Leuchtkraft haben soll. Damit könne man, so Alex Henzen von iRex, Inhalte in Magazin-Qualität bieten.

Es gibt noch eine Reihe anderer Faktoren, die die Akzeptanz und Marktdurchdringung der E-Reader behindern: etwa das zu geringe Tempo beim Seitenaufbau, beim Blättern, die zu geringe Speicherkapazität für farbige Inhalte oder Bewegtbilder. Und schließlich die technologische Unterlegenheit gegenüber Smartphone-Hardware und Reader-Software, die alles das, was den E-Readern fehlt, bietet – wenn auch auf einem vergleichsweise kleinen Display. Die Displaygröße allein ist aber nicht unbedingt das entscheidende Kriterium. Ein Gerät, das »Convenience« bringt wie einige der für den Herbst angekündigten oder bereits erhältlichen Light-Versionen (der Sony PRS 300, das Cybook Opus oder der Cool-er), kann mit seiner verbesserten Funktionalität und seinem niedrigeren Preis (knapp unter der 200-Euro-Schwelle) punkten.

Die Usability der Lesegeräte steht bei Matthias Eisemann von den Deutsche Telekom Laboratories im Mittelpunkt der Arbeit: »Wir entwickeln keine eigene Hardware, sondern untersuchen, welche Dienste wir auf den Readern anbieten können.« Eisemann sieht ähnliche Mängel bei der aktuellen Reader-Generation wie die anderen Experten. »Die Prozessoren müssen schneller, die Speicher größer werden.« Außerdem muss in das Gerät eine Funkschnittstelle (etwa mit dem Standard 3 G) integriert sein, damit der Content ohne Umweg über den PC auf den E-Reader geladen werden kann.

Wie das Rennen um das attraktivste Lesegerät ausgeht, ist offen. Chancen haben Smartphones, die eine breitere Funktionalität und intuitivere Bedienelemente haben als etwa der iPod. In Kombination mit einer Lesesoftware wie dem Icebergreader, der Funktionen bietet, die aus Printbüchern vertraut sind, können sie ein intensives Leseerlebnis vermitteln. Es ist aber durchaus denkbar, dass sich die E-Ink-Technologie und die für Handys verwendete LCD-Technologie in ihrer Leistungsfähigkeit so angleichen, dass sie sich für beide Gerätewelten eignen.

Was den Geräten fehlt
Tempo Seitenaufbau und Blättern vollziehen sich häufig schleppend; stärkere Prozessoren sind gefragt
Farbe Erst farbige Displays erschließen Inhalte im Magazin-, Fach- und Schulbuchbereich
Preis Wenn die Geräte weit unter 200 Euro (besser 100 Euro) angeboten werden, steigt die Akzeptanz der Käufer
Schnittstelle Ohne drahtlose Funkschnitt­stelle werden Kunden durch aufwendige Installationsprozesse abgeschreckt
Usability Die Bedienung der Lesegeräte sollte intuitiver sein