Die Ausbildungszahlen im Sortimentsbuchhandel gehen zurück: Eine schreckliche Nachricht für Verleger. Schließlich sind wir auf guten Nachwuchs im Handel angewiesen – es sei denn, wir verlegen Beratung und Verkauf mehr und mehr ins Internet.
Sicher. Für Buchhändler wird es immer schwieriger, gute Bewerber zu finden. Eine Ausbildung kann nicht die Erziehung ersetzen, die im Elternhaus stattfinden muss. Und sie kann die schulische Grundbildung nicht aufholen. Was wir dringend brauchen, ist eine bessere Schulbildung. Und ich bezweifle stark, dass in dieser Sache eine auf acht Jahre verkürzte Gymnasialzeit hilfreich ist.
Richtig ist auch, dass Auszubildende die Buchhandlung Geld, Zeit und Energie kosten. Es reicht eben nicht, den Azubi in die einfachsten Grundlagen einzuführen – und ihn dann wurschteln zu lassen. Wie baut man eine Wirtschaftsabteilung auf, Backlist inklusive? Welche Pflege braucht das Ratgeberregal? Belletristik vom Stapel verkaufen ist schließlich nur ein Teil des Geschäfts. Die Mühsal der Ausbildung teilt der Buchhandel übrigens mit allen Ausbildungsberufen, sie ist keine Besonderheit des Sortiments. Richtig ist nämlich auch: Wenn der Buchhandel darauf verzichtet auszubilden, sägt er an dem Ast, auf dem er sitzt – und zieht so manchen Verlag gleich mit hinunter.
Denn was will eigentlich der Kunde?
Er möchte Service und Selbstbedienung, kein Entweder-oder. Er will ein Sowohl-als-auch – selber stöbern, aber Informationen erhalten, sobald er sie benötigt.
Er möchte mit Buchhändlern sprechen, die von dem, was sie verkaufen, auch Ahnung haben (und das in allen Abteilungen!).
Er möchte nicht nur schöngeistige Literatur, sondern auch all das, was er zum Beispiel zu seiner persönlichen Weiterbildung benötigt. Wo sonst könnte er – wenn denn die Voraussetzungen stimmen – umfassend beraten werden?
Erfolg werden die Buchhandlungen haben, die nicht immer nur das Gleiche, sondern ein umfassendes Angebot inklusive kompetenter Beratung bieten. Nur im Supermarkt möchte man für den schnellen Einkauf alles schön am gleichen Platz vorfinden – in der Buchhandlung will man überrascht werden!
Nicht nur – aber ganz besonders – in Krisenzeiten und bei wachsender Konkurrenz gilt es, die eigenen Stärken herauszufinden, auszubauen und zu kommunizieren. Die Zukunft meistern wir nur mit gut ausgebildetem Personal. Und hierfür trägt jede Buchhandlung selbst die Verantwortung: Was heute in der Ausbildung eingespart wird, könnte schon bald beim Umsatz fehlen!
Hoffen wir Verleger also, dass das Sortiment sich in dieser wichtigen Frage ganz schnell besinnt und die Ausbildungszahlen sich wieder stabilisieren. Wie heißt es doch so schön: »Ausbildung ist Investition in die Zukunft« – der Satz mag angestaubt wirken, aber er ist richtig.
Ich selbst bilde übrigens seit 20 Jahren aus – zunächst Buchhändler, heute im Verlag »Medienkaufleute Digital und Print«. Viele der Auszubildenden verstärken heute das Gabal-Team in Festanstellung. Wichtig ist mir, die Kommunikation zwischen Handel und Verlag und das Verständnis füreinander schon in der Ausbildung zu stärken. Daher führen wir regelmäßig einen »Azubi-Tausch« mit einer Buchhandlung durch – ein Gewinn für beide Seiten!