Kommentar: Bilanzen

Das große Schweigen

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Warum in der Buchbranche so ungern über Zahlen geredet wird, erst recht in Krisenzeiten. Ein Kommentar von Börsenblatt-Redakteur Holger Heimann.
Über Zahlen wird in der Buchbranche geschwiegen. Bertelsmann beklagt enorme Verluste, bei Random House in München klagt niemand laut, die Zahlen bleiben unter Verschluss. Umsätze freuen oder ärgern meist nur die Geschäftsführung in den Unternehmen, nach außen dringt kaum etwas. Bei zwei Verlagen ist das gezwungenermaßen anders, bei Eichborn und dem Berlin Verlag. Beide sind börsennotiert und müssen ihre Bilanzen regelmäßig offenlegen. Die Freude darüber hält sich in Grenzen. Zwar wirkt die Börse durchaus erzieherisch, aber lieber ist es den Verlegern trotzdem, wenn die nur bedingt kalkulierbaren Schwankungen des Verlagsgeschäfts nicht nach außen dringen. Denn wenn wie jetzt bei beiden die Kurve nach unten zeigt, mag sich mancher Beobachter fragen, ob die Rezession bald diese prominenten Opfer fordert.

Tatsächlich ist die Erklärung für die Einbrüche in Frankfurt und Berlin schlicht. Sie trägt die Namen Regener, Littell und Hosseini. Alle drei wurden im Vorjahr zu erwartbaren Bestsellern, wie sie jetzt beiden Verlagen bislang fehlen. Das mag auf ein schwächeres Programm schließen lassen, zeigt aber vor allem die Normalität im Verlagsgeschäft, das nicht allein von großen Namen und exzeptionellen Büchern in Gang gehalten werden kann. Die mehr denn je gefragte Kunst ist es, jedes Buch mit solch ausgeklügelter Begleitung auf den Markt zu schicken, dass der Erfolg wahrscheinlicher wird. Von guten Aussichten zu überzeugen, wo aus nachvollziehbaren Gründen immer mehr Vorsicht waltet, ist jedoch diffiziler denn je.