Sortimentsbuchhändler werden ins Abseits gedrängt

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Derzeit kann man beobachten, wie zahlreiche Onlinebuchhändler auf die Erhebung von Versandkosten verzichten. Das Börsenblatt hat in den vergangenen Ausgaben darüber berichtet und zahlreiche Leserbriefe zeigen, dass das Thema aktuell ist und viele dabei sind sich eine Meinung zu bilden. Natürlich kann man den Standpunkt der Onlinebuchhändler verstehen, wenn sie damit argumentieren auf Versandkosten zu verzichten, um Kunden an ihre Plattformen zu binden. Allen Webbuchhändlern gemein scheint der Wunsch, die Marktmacht des führenden Onlinehändlers Amazon zu beschneiden, notfalls mit einem aggressiven Preiskampf beziehungsweise durch eine Angleichung der Marktstrategien.
Als Sortimentsbuchhändler kann man die Entwicklung aber kritischer sehen. Gerade die kleinen Sortimente, die neben ihrem stationären Geschäft auch einen Webauftritt betreuen, werden durch die Entwicklung ins Abseits gedrängt. Viele von ihnen betreiben einen Webshop mit persönlichen Engagement und signalisieren, dass auch der unabhängige Buchhandel im 21. Jahrhundert angekommen ist und die neuen Vertriebsweg kennt. Neben persönlichen Einsatz ist der Auftritt auch mit Kosten verbunden, zu deren Deckung nicht zu Letzt die Versandkosten beitragen müssen. Internetauftritt und Buchversand sind zusätzliche Serviceleistungen für den Kunden, die man im Rechnungsbetrag durchaus berücksichtigen sollte. Wie reine Online-Buchhändler mit einer derartigen Strategie ihre laufenden Kosten decken, ohne Gewinneinbußen in Kauf zu nehmen, bleibt offen. Die Entwicklung hat Signalwirkung, zeugt sie doch auch von der Kapitulation und mangelnden Angebotskreativität anderen großen Internetbuchhändlers gegenüber dem Branchenprimus Amazon.

Durch eine kleine Umfrage unter angehenden Buchhändlern wurde deutlich, dass der kostenlose Versand erst ab einem bestimmten Bestellwert als selbstverständlich angesehen wird. Die meisten Bekleidungsanbieter im Internet haben deutlich höhere Mindestbestellwerte als Online-Buchanbieter. Es mutet fast bizarr an, dass für frei kalkulierbare Artikel eine Entwicklung wie im Onlinebuchhandel nicht im gleichen Maß zu beobachten ist. Das der Kunde nicht zwangsläufig auf einen kostenlosen Versand besteht, zeigt die Website des zentralen Verzeichnisses antiquarischer Bücher. Obwohl die Mehrzahl der Anbieter Versandgebühren erhebt, konnte sich die Seite im vergangenen Jahr weiter etablieren und ihrer Marktposition ausbauen. Im Dickicht  unterschiedlicher Angebote mit und ohne Versandkosten, wird der Kunde zum vermeintlichen Schnäppchenjäger - immer auf der Suche nach dem scheinbar günstigsten Angebot, wie er es aus den großen Elektronikmärkten kennt.

Im Moment scheint klar, wohin die Entwicklung im Onlinebuchhandel geht. Dennoch sollte man noch einmal prüfen, ob andere Maßnahmen nicht ähnliche Erfolge zeitigen könnten. In der erwähnten Umfrage hat sich herausgestellt, dass Kunden eine stärkere Transparenz der Versandkosten wünschen. Eine Aufschlüsselung nach Portokosten, Verpackungsmaterial und Servicepauschale würde beim Kunden für mehr Verständnis sorgen, als ein generalisierter Versandbetrag. Außerdem sind zahlreiche Jungbuchhändler der Meinung, dass das Gewicht der Ware beim Versand stärker berücksichtigt werden sollte. Im Schnitt sind die Befragten als Käufer bereit 1,83 Euro für eine Bestellungen unter 10 Euro zu bezahlen. Der durchschnittliche Mindestbestellwert laut Umfrage liegt bei 15,15 Euro.

Die Zahlen zeigen, dass man nicht zwangsläufig auf Versandkosten verzichten muss. Dem Kunden zu vermitteln, dass die erhobenen Zusatzkosten angemessen sind und er dafür einen entsprechenden Service geboten bekommt, sollte zunächst einmal das erklärte Hauptziel sein.