Das Allgäu in barocker Pracht: Angetan mit Reifrock und Wams, hoch aufgetürmter weißer Haarpracht und Mozartzopf überraschten Frank Edele und sein Team von der Buchhandlung Dannheimer die Kemptener Bürger. Wie eine historische Schauspieltruppe zogen die prächtig ausstaffierten Buchhändler durch die Stadt – Pompadour und Fächer in Händen, Goethe auf den Lippen.
Im Geschäft kamen sie den Kunden mit Knicks und Kratzfuß entgegen, rezitierten den berühmten Dichter und Denker und befleißigten sich gewählter Worte ("Folge er mir zur Katalogmaschine!"), dazu ertönte live gespielte Violinmusik. Grund für die höfische Geste: Das in sechster Generation geführte Familienunternehmen feiert in diesem Jahr sein 225-jähriges Bestehen. Die aufsehenerregende Optik, die an das Flair des 18. Jahrhunderts anknüpfte, sollte eine Brücke schlagen zwischen gestern und heute – und damit den erfolgreichen Weg der Traditionsbuchhandlung skizzieren.
In voller Montur
Die zweiwöchige Kostüm-Aktion hatte "Ein-Mann-Festkomitee "Edele von langer Hand vorbereitet. Immerhin stellte sie den Auftakt für ein ganzes Jubiläumsjahr dar und leitete über zu einem Festakt mit den städtischen Honoratioren– bei dem Edele und Kollegen ebenfalls in voller Montur ihren repräsentativen Pflichten nachkamen. "Bundhosen, Gehrock und Wams trugen sich angenehm– nur unter der Perücke wurde es auf Dauer warm", so Edele. Die Kleidung aus einem Kostümverleih war zunächst zur Probe getragen worden – der Umgang mit Reifrock und weiten Ärmelrüschen bedurfte einer gewissen Übung, die schließlich bis zur Filmreife führte: Ein Fernsehspot für TV-Allgäu (RTL-Regionalprogramm) setzte die Damen und Herren aus dem Rokoko gekonnt in Szene. Tenor: Dannheimer steht für Medienkompetenz damals wie heute, vereint traditionelle und moderne Medien.
Im Geschäft selbst stellten drei Schaufenster den Bezug zum Jahr 1783 her – mit Porträts des Firmengründers Tobias Dannheimer, Lithografien und Dokumenten. Das Interesse der Kunden wird im Festjahr mit über die Monate verteilten Aktionen in allen fünf Allgäuer Filialen wachgehalten – darunter Lesungen, Veranstaltungen für Kinder und die Verlosung von 2 250 Büchergutscheinen. Zudem widmet das Kemptner Allgäu-Museum dem ebenfalls vor 225 Jahren gegründeten Verlag Dannheimer eine Ausstellung.
Spaß beim Bücherverstecken
Spaß machte den Kunden auch das "Bücherverstecken": 2 250 Bücher wurden in der Dunkelheit im Ort verborgen. "Eine Riesen-Gaudi", so Edele, "auf der Suche nach den Büchern zogen die Leute in Horden los – und noch nach Wochen sprechen sie darüber!" Der Sortimenter mit Sinn fürs Entertainment hat zwei Jahre Vorbereitungszeit und rund 50 000 Euro in die Feierlichkeiten investiert. Seine Devise: "225 wird man nur einmal!"