Social Networking

Sind Antiquare Facebookmuffel?

21. April 2010
Redaktion Börsenblatt
Eine boersenblatt.net-Umfrage zeigt als Momentaufnahme: offenbar nur wenige deutsche Antiquare sind bei Facebook registriert, kaum jemand hält Facebook für branchenrelevant.

Der Verband Deutscher Antiquare ist seit zwei Wochen auf Facebook mit einer öffentlichen Gruppe vertreten; jedoch hat die Gruppe momentan erst 14 Mitglieder. Die Facebook-Zurückhaltung der Kolleginnen und Kollegen spiegelt sich auch in einer aktuellen Online-Umfrage von boersenblatt.net, an der sich innerhalb von 24 Stunden 72 Personen anonym beteiligt haben (davon haben 65 die Umfrage bis zum Ende geklickt, das entspricht 90,3 Prozent).

60 Prozent der Umfrageteilnehmer geben an, nicht bei Facebook zu sein und sich dort im Augenblick auch nicht anmelden zu wollen, 5,7 Prozent der Teilnehmer denken derzeit immerhin über eine Facebook-Anmeldung nach. Diese eindeutige Ausgangsbasis – nur 34,3 Prozent der Teilnehmer sind bei Facebook registriert – bestimmt die Ausrichtung der Umfrageergebnisse.

Ist Facebook nützlich?

Auf die Frage, ob sie Facebook als nützlich einschätzen, haben 45,7 Prozent der Umfrageteilnehmer eine klare Position: "Nein, reine Zeitverschwendung & Datenschutzhorror". Am ehesten traut man Facebook zu, "zur Kontaktpflege mit Freunden und Bekannten" und als "Experimentierfeld" sinnvoll zu sein (18,6 bzw. 17,1 Prozent). Dagegen fällt die "Kundenkommunikation" ab (7,1 Prozent). Signifikant ist der Anteil der Unentschiedenen (22,9 Prozent). Mehrfachantworten waren zugelassen.

Nahezu verheerend fällt das Ergebnis bei der spezifischeren Frage aus, ob Facebook insbesondere für den Antiquariatshandel nützlich sein könne. 55,4 Prozent halten das für "unwahrscheinlich", 24,6 Prozent meinen, das könne man gegenwärtig noch nicht entscheiden. Abgeschlagen rangieren die Antworten "als Marketingergänzung zum Beispiel zu Verkaufskatalogen" (9,2 Prozent), "eher für eine Vereinigung oder einen Messeverstanstalter als für den einzelnen Antiquar" (3,1 Prozent), "als Plattform zur Diskussion von Branchenfragen" (9,2 Prozent) und "um beispielsweise jüngere Sammler anzusprechen" (10,8 Prozent). Mehrfachantworten waren auch hier zugelassen.

Uneinheitliche Statements

Uneinheitlich fallen die Statements aus, die am Ende der vierteiligen Umfrage abgegeben werden konnten (von dieser Möglichkeit hat nur eine Minderheit der Teilnehmer Gebrauch gemacht). Da heißt es über Facebook etwa: "In der ganzen Funktion, Anlage und Ansprache für seriöse ältere Kollegen ganz unmöglich, peinlich und aufdringlich." Oder: "Muss jeder Blödsinn gleich für den Handel mit antiquarischen Büchern genutzt werden, ständig darüber diskutiert werden und so dieser Unfug erst zu (angeblicher) Bedeutung hochstilisiert werden? Ferner sollte überlegt werden, wem – insbesondere sensible Kundendaten – anvertraut werden!" Oder: "Es gibt neben Facebook andere Seiten, die für berufliche Zwecke nützlicher sind, z. B. Xing." Oder: "Zeitverschwendung und Datenmüll. Aber für Leute geeignet, die noch keine Freunde (Buddies) haben."

Differenziertere Stimmen gibt es allerdings auch: "Wenn sich einzelne Antiquare und Verbände auf facebook gut vernetzen und Ware und Veranstaltungen digital präsentieren, ist es schon möglich, dass sich so neue Interessenten finden lassen. Es gibt schon auch jüngere Sammler. Die sammeln eben im Internet. Aber nicht das, was Opa und Papa auch schon im Regal stehen hatten. Eben auch Sachen die gar nicht im Regal stehen, sondern eher liegen oder hängen: Ephemera, Photos, Comics, vielleicht auch Karten und Grafik."

Eine der ausführlichsten Teilnehmer-Äußerungen zum Thema verrät zugleich die genauesten Kenntnisse des Web 2.0 und seiner nur bei oberflächlicher Betrachtung niedrigen Anforderungen: "Facebook ist einer jenen neuen Dienste, über die man sich, bevor man überhaupt nur in Erwägung tritt, ihnen beizutreten, dreifach vororientieren sollte: 1) Will ich meine Daten, egal was, so öffentlich haben, dass ich sie auch dann, wenn sie auf diesem Dienst von mir wieder gelöscht sein sollten, archiviert bei anderen Systemen, wiederfinden möchte (gewollte/ungewollte Nachhaltigkeit der Information)? 2) Bin ich als klassischer Antiquar in der Lage diesem modernen Medium gerecht zu werden und dann kompetent über eine längere Zeit etwas Kohärentes zu sagen zu haben? (Natürlichkeit des Auftretens) 3) Wie passt ein solches neues Medium überhaupt in mein Geschäftsmodell, mein Marketingkonzept, meinen Vertriebswegemix, mein Image, mein Zeitbudget? Wie passt es für mich zusammen mit Homepage, Shop, Blog, Twitter, Podcast, YouTube, die ich ebenfalls betreibe? Web 2.0 kann, selbst in Ansätzen, nur Erfolg haben, wenn ich weiß, dass darüber nicht direkt verkauft, sondern bestenfalls direkt kommuniziert, kontaktiert und allerhöchsten akquiriert werden kann. Facebook funktioniert im eigenen Sinne nur in Verlinkung mit allen anderen elektronischen Aktivitäten, die mir die Virtualität des Netzes in die Realität meines Geschäfts holen könnten."

Herzlichen Dank an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Umfrage!