Seit heute bewirbt das ZVAB den vor zwei Wochen angekündigten Büchermichel auf seiner Eingangsseite. Das ist nur konsequent, denn es war für die Tutzinger vorausseh- und kalkulierbar, dass ein Teil der Branche – es sind etwa zwölf Prozent der ZVAB-Anbieter – im Vorfeld gegen dieses Rechercheinstrument Widerstand leisten würde. Hinzufügen könnte man: Nachteilig für den Büchermichel ist ja nicht in erster Linie die bloße Anzahl der Widerspenstigen, sondern viel eher, dass sich darunter erhebliche Teile der Antiquariatselite befinden, deren Buchverkäufe nun nicht in die Datenbank einfließen. Das ist aber für den Nutzer nicht unbedingt zu erkennen.
Händler B bestimmt künftig das Preisniveau
Das führt allerdings zu einem in der Diskussion der vergangenen zwei Wochen vernachlässigten Aspekt; denn die Sperrung der eigenen Daten bedeutet im Zweifelsfall auch, Einfluss auf das vom Büchermichel präsentierte Marktbild zu verlieren. Sollte sich der Büchermichel bei Sammlern und Institutionen durchsetzen, bestimmen künftig diejenigen über die Preisgestaltung, die ihre Daten freigeben.
Wie das gemeint ist? Ein Beispiel: Ein renommierter Antiquar A verkauft Bücher eines gefragten Sachgebiets, auf das er spezialisiert ist, regelmäßig über das ZVAB für 280 bis 350 Euro. Seine Katalogbeschreibungen sind hervorragend, Bilder werden stets beigegeben, der ganze Auftritt spricht Sammler positiv an. Diese Verkäufe stehen aber – da A seine Daten nicht freigibt – nicht im Büchermichel.
Anbieter B, ein eher nachlässiger Kollege, hat zufällig einen günstigen Ankauf auf demselben Sachgebiet gemacht, das A seit 15 Jahren pflegt. B macht sich wenig Mühe mit Aufnahmen und Preisgestaltung, er braucht vor allem den schnellen Umsatz und Lagerumschlag. Am Ende kommen dabei ZVAB-Preise von 180 bis 220 Euro heraus, die Sammler schlagen zu, und auf diesem Niveau steht das Sachgebiet fortan im Büchermichel.
Beteiligung und Aufnahmekriterien
Eine solche Argumentation spricht einerseits gegen den Büchermichel (es gibt weitere Gegenargumente), andererseits müssen sich Händler wie A fragen lassen, ob eine kompromisslose Sperrung die klügste Option ist. Eine Interessenvertretung der 500 oder 600 ernsthaften Antiquare, die es hierzulande vielleicht gibt, hätte auf Beteiligung und qualitative Aufnahmekriterien für den Büchermichel bestehen können. Das setzte aber Weitsicht und politischen Gestaltungswillen voraus.
bb