Antiquariat

Ein Gespräch mit Klaus Schymiczek

14. Januar 2011
Redaktion Börsenblatt
"Freude an besonderen Büchern." Bestandsaufnahme 2011: Klaus Schymiczek, seit 2006 Inhaber des Antiquariats AixLibris in Aachen, setzt die Interviewreihe zur Lage des Antiquariatsbuchhandels fort.

Das Antiquariat AixLibris (Pontdriesch 19) wurde im Januar 1986 von Lothar Hennighaus gegründet, feiert also in diesen Tagen sein 25-jähriges Bestehen. 2006 wurde Klaus Schymiczek alleiniger Inhaber des Antiquariats.

Herr Schymiczek, wie war das zurückliegende Jahr für Ihr Antiquariat?

Klaus Schymiczek: 2010 war für uns insgesamt recht erfolgreich, wobei diese positive Aussage durch den glücklichen Umstand eines größeren Kommissionsgeschäfts am Jahresende zustande kommt. Ansonsten war es ein Jahr mit eher negativer Tendenz. Insbesondere der Verkauf über das Internet war schlechter als in vorangegangenen Jahren.

Wie entwickelt sich Ihr Ladengeschäft? In welchem Verhältnis stehen Laden und Netz?

In den letzten Jahren liegt der Anteil des Verkaufs im Ladengeschäft etwa bei 20 bis 25 Prozent des Gesamtumsatzes. Den weitaus größten Teil des Umsatzes (gut zwei Drittel) erzielen wir inzwischen über das Netz. Einen eher kleinen Teil machen Messeverkauf und Einlieferungen bei Auktionen aus, wobei mir der Bereich "Auktionen" durchaus ausbaufähig erscheint. Beim Ladenverkauf, der bei uns im Prae-Internetzeitalter über die Hälfte des Umsatzes ausmachte, sehe ich eine Stagnation im positiven Sinn – er nimmt im Verhältnis zum Internetverkauf nicht weiter ab.

An welchen Messen beteiligen Sie sich?

In den letzten Jahren haben wir nur an einer Antiquariatsmesse regelmäßig teilgenommen, der "Antiquaria" in der Musikhalle in Ludwigsburg – aktueller Termin: 27. bis 29. Januar.

Ist Aachen eine Antiquariatsstadt? Wie sieht die örtliche Antiquariatsszene aus?

Aachen als Antiquariatsstadt zu bezeichnen, wäre etwas übertrieben. Es gibt jedoch eine überschaubare Antiquariatsszene mit vier klassischen Antiquariaten, von denen drei seit mindestens 25 Jahren bestehen, einigen Gebrauchtbuchläden und Geschäften mit antiquarischen Büchern als Teilbereich. Vom großen Antiquariatssterben im Bereich der Ladengeschäfte sind wir bisher verschont geblieben – drei Schließungen der letzten Jahre stehen zwei Neueröffnungen gegenüber.

Glücklicherweise haben wir hier auch keine Probleme mit Konkurrenzangst, sondern pflegen einen kollegialen bis freundschaftlichen Umgang miteinander. AixLibris gibt seit Anfang der 1990-er Jahre einen kleinen Antiquariatsführer für Aachen und Umgebung heraus – in der aktuellen Ausgabe sind 12 Ladengeschäfte eingetragen [Anmerkung der Redaktion: dieser Flyer hängt hier als PDF an].

Eine ganz andere Frage: Sind Sie reiner Händler oder sammeln Sie selbst?

Ich bin heute kein wirklicher Sammler mehr, habe aber, wie fast alle Antiquare und Antiquarinnen, eine Sammlerlaufbahn hinter mir. Als Jugendlicher habe ich fast jeden zusammengesparten Pfennig in Kölner Antiquariaten ausgegeben – damals für möglichst preiswerte, ältere Bücher aus den Gebieten deutsche Literatur und Weltliteratur. Später habe ich bestimmte Autoren wie Georg Büchner, Wilhelm Raabe, Heinrich Mann, Joseph Roth, Leo Perutz gesammelt. Andere Themen waren Hexenverfolgung, Anarchismus, Vormärz etc. Eine größere Sammlung zum Thema Antisemitismus und Nationalsozialismus, insbesondere zur Vorgeschichte des Nationalsozialismus, ist 2005 in unseren gedruckten Katalog "Wege in den Nationalsozialismus" aufgegangen.

In den letzten Jahren habe ich eine kleinere Sammlung zum Themenkreis B. Traven, Ret Marut, August Sander, Kalltalgemeinschaft und Kölner Progressive angelegt, aber auch hier sind einige Titel inzwischen den Weg des Verkaufs gegangen. Ingesamt sind meine Interessen wohl zu breit gefächert, um längerfristig und zielgerichtet eine eigene Sammlung aufzubauen. Ich sehe es als einen Vorteil an, Freude an besonderen Büchern zu haben und diese trotzdem fast frei von Trennungsängsten abgeben zu können…

Falls heute jemand zu Ihnen sagt: "Ich habe Lust und Zeit, Bücher zu sammeln" – was raten Sie?

Ich würde den Wunsch wohlwollend registrieren und Unterstützung in Rat und Tat anbieten. Das Sammelthema sollte diese Person aber selber finden, größere Einflussnahme von meiner Seite fände ich da eher anmaßend bis gefährlich.

Die Fragen stellte Björn Biester.