Podiumsdiskussion: Quo vadis Buchmarkt?

Marginal: vielleicht; optional: nein

17. März 2011
von Börsenblatt
Unter dem Motto „Digital, optional, marginal - Quo vadis Buchmarkt?“ diskutierten heute im Fachforum führende Vertreter der Medien. Grundlage für die Diskussion war maßgeblich die neue E-Book Studie von GfK und Börsenverein, die am vergangenen Montag vorgestellt wurde.
Auf dem Podium diskutierten Alexander Skipis (Hauptgeschäftsführer Börsenverein des Deutschen Buchhandels), Gregor Erkel (Vice President Business Development / Mediadistribution, Deutsche Telekom AG), Steffen Meier (Leitung Verlagsbereich Online, Eugen Ulmer) und Heinrich Riethmüller (Geschäftsführer, Osiandersche Buchhandlung) unter der Moderation von MVB-Geschäftsführer Ronald Schild. Die Diskussion traf auf reges Interesse mit etwa 80 bis 100 Teilnehmern.

Die Frage nach den wichtigsten Erkenntnissen der Studie wird im Tenor von allen Teilnehmern gleich beantwortet: ein noch „marginaler“ digitaler Markt entwickelt sich stetig und bleibt damit keine „Option“ mehr. Das wird im täglichen Geschäft beobachtet und von den Zahlen widergespiegelt. Skipis präsentiert seine Thesen und spricht von der „Stunde Null des E-Books“, der einen Durchbruch und Umbruch im Buchmarkt darstellt. Mit Zahlen belegt er, dass sich die Umsätze von libreka! in den letzten vier Monaten bereits verzehnfacht haben. Auch der Vertreter der Telekom – mit dem neuen Produkt pageplace – sieht derzeit noch einen kleinen Markt, aber Entwicklungschancen unter anderem im erheblich steigenden Absatz von Smartphones mit einer Steigerung von 71 Prozent in 2010. Herr Meier, als Verlagsvertreter, betitelt die aktuelle Situation als „evolutionären Zustand“ und die „neuen Zahlen für den deutschen Markt werden helfen die weiteren Entwicklungen zu bewerten“. Dass „das E-Book-Geschäft nicht im stationären Buchhandel stattfinden wird, sondern in Web-Shops“, mutmaßt Heinrich Riethmüller von der Osianderschen Buchhandlung; obwohl beispielsweise im eigenen Angebot bereits über 60.000 E-Books zum Download bereitstehen.

Aber was ist nötig um an den neuen Entwicklungen und damit auch Absatzchancen teilzuhaben? Für alle gilt, sich an den Bedürfnissen der Kunden zu orientieren. Kein Endnutzer möchte die Abhängigkeit von einzelnen Formaten oder Plattformen. Auch digitale Produkte müssen einfach zu bedienen sein und hohe Convenience bieten. Kreativität ist gefragt wenn es darum geht „verschiedene Lesesituationen zu bedienen“. So könnten Urlaubssituationen beispielsweise einen neuen Bedarf nach mobilem und digitalem Content mit sich bringen, rät der Telekommunikations-Experte.

Für die Buchhandlung gilt: mitmischen. Entweder mit eigenen Angeboten oder mit Dienstleistern, denn auch in der Zukunft wird „lokal und digital“ besser sein als nur „digital“, so Skipis. Dass bereits heute das Know-How für den Verkauf von E-Books im stationären Buchhandel geschaffen werden muss, sieht vor allem Riethmüller. Bei Osiander werden alle Verkäufer im Umgang mit einem E-Reader Modell geschult, um den Kunden in Zukunft mit Rat und Tat zur Seite stehen zu können.  Auch wenn die Gefahr besteht, dass „man am Ende fünf bis zehn Prozent Rabatt auf den E-Reader geben muss, und da hat man dann nach einer Stunde Beratungsgespräch nichts verdient“.

Für die Verlage heißt es primär: Convenience, Convenience, Convenience, auch wenn – zumindest aus Controlling-Sicht – im Moment der Aufwand noch nicht im rechten Verhältnis zum Ergebnis steht. Man sorgt heute vor, damit in „fünf bis zehn Jahren das Know-How zum Entwickeln von Fachverlagsprodukten“ da ist, so Meier. Zudem sei das E-Book nun mal keine Kopie des Printbuchs, und es müsse in der Zukunft „neue Erzählformen“ geben. Für Ulmer ist sogar ein E-Only Markt denkbar und erste Bestrebungen – im Bereich studentische Literatur – bereits in Arbeit.

Die Frage von Schild, warum von den Verlagen nur 20 Prozent der Novitäten als E-Book angeboten werden, bei den illegalen Downloads aber über 90 Prozent verfügbar seinen, wurde nachdenklich aufgenommen. Dass es sich dabei nicht um „Schulkinder handelt, die was ins Netz gestellt haben, sondern um organisierte Kriminalität“ wurde von allen geteilt. Dass dem, in einem ersten Schritt, auf jeden Fall das Angebot eines legalen Downloads  – und somit immerhin noch eine Wahlmöglichkeit für den Kunden – entgegen zu setzen ist, leuchtet ein. Ob dies aber mit DRM oder digitalem Wasserzeichen zu realisieren ist, sind Details die sich im Weiteren zeigen werden. Wie bei allem gilt auch hier: Convenience.

Fazit: Ein Nebeneinander von Print und Digital wird auch in 2020 noch Tatbestand sein. Vielleicht aber sogar in einem drastischeren Maße, zu Gunsten Digital, als in der Studie prognostiziert, meint Erkel. Von „optional“ kann hier keine Rede sein.