Neues Widerrufsrecht beim E-Book-Kauf

Kein Platz für Egoismen

6. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Kundenzufriedenheit geht alle etwas an − Sortimenter wie Verleger. Das gilt auch und vor allem, wenn es um das neue Widerrufsrecht beim E-Book-Kauf geht. "Die Lasten aus einer kundenfreundlichen Umsetzung des Widerrufsrechts können nicht von einer Sparte allein getragen werden", meint Tobias Schmid. Und am Ende müsse immer der Nutzen für den Kunden der Orientierungspunkt des Handelns sein.

Seit dem 13. Juni haben auch E-Book-Käufer ein Widerrufsrecht, das es ihnen zunächst einmal erlaubt, innerhalb von 14 Tagen vom Kauf zurückzutreten und eine Erstattung des Kaufpreises zu verlangen. Als Händler haben wir entweder die Möglichkeit, im Kaufprozess von unseren Kunden einen Verzicht auf dieses Recht zu verlangen. Oder wir stellen digitale Ware der dinglichen gleich und akzeptieren auch die Rückgabe von E-Books. Schlägt man den ersten Weg ein, wird man sich zumindest bei sachkundigen und digital affinen Kunden dem Ruch ungenügender Kundenorientierung aussetzen. Entscheidet man sich für die vom Gesetzgeber vorgesehene Variante 2, so steht man vor dem Problem, bei einem offenen System die Rückgabe effektiv nicht überprüfen zu können und sich womöglich urheber- und lizenzrechtlich in gefährliches Fahrwasser zu begeben.

Ich gestehe gern zu, dass es hier kein Richtig oder Falsch gibt. Während sich der eine Händler für die kulantere Variante entscheiden wird, bewertet ein anderer die Sicherheitsaspekte höher. Die Feststellung aber, dass die Umsetzung der vom Gesetzgeber verbrieften Verbraucherrechte ohne Wenn und Aber einen möglichen Weg darstellt, ist mir wichtig.

Auf den Buchtagen Berlin Anfang Juni wurde das Papier "Best Practices für E-Books − Empfehlungen für einen E-Book-Markt der Zukunft" vorgestellt, gemeinsam erarbeitet vom (Verleger-)Arbeitskreis Elektronisches Publizieren im Börsenverein und dem (Sortimenter-)Arbeitskreis E-Commerce. In den Empfehlungen heißt es, dass "eine strikte Orientierung an den Wünschen unserer Kunden im Interesse aller Sparten unserer Branche liegt, da wir nur so die Grundlagen unseres wirtschaftlichen Handelns werden sichern können". Konsequenterweise können die Lasten, die sich aus einer kundenfreundlichen Umsetzung des neuen Widerrufsrechts ergeben, nicht von einer Sparte allein getragen werden.

Vor diesem Hintergrund bin ich einigermaßen fassungslos, wenn ich dieser Tage von einer großen Verlagsgruppe und digitalen Verlagsauslieferung (und ja, ich könnte Namen nennen) mit der Haltung konfrontiert werde, dass eine Rückabwicklung von wider­rufenen Kundenaufträgen auf E-Books nicht vorgenommen werde. Hier macht man es sich offenbar sehr einfach, indem unterstellt wird, die Herstellung von Kundenzufriedenheit sei allein Sache des Handels.

An solcher Hartleibigkeit zeigt sich, dass die Zeichen der Zeit nicht erkannt werden. Die unterschiedliche Behandlung von digitaler und körperlicher Ware ist Ausdruck alten Denkens. Die rein formale Betrachtung des Kundenwunsches "Widerruf" zeigt einen erschreckenden Mangel an Kundenorientierung. Und die Bereitschaft, die aus Kundenorientierung entstehenden Lasten auf den Handelspartner abzuwälzen, geht nicht nur einen Schritt hinter den mit den "Best Practices" erreichten Stand zurück, sondern gleich mehrere.

Unsere gemeinsame Aufgabe muss es jetzt sein, ein Modell für die Rückabwicklung widerrufener E-Book-Aufträge zu finden, das die Belastung auf allen Seiten berücksichtigt und einigermaßen gleich verteilt. Die Abläufe müssen so schlank bleiben, dass der Aufwand für die Verwaltung den Warenwert nicht übersteigt. Und am Ende muss immer der Nutzen für den Kunden der Orientierungspunkt unseres Handelns sein. Von kurzsichtigen Egoismen geleitete Positionen sind da nicht akzeptabel. Wer so denkt und handelt, disqualifiziert sich gegenüber unseren Kunden und isoliert sich im brancheninternen Miteinander.