Bedeutender Historiker gestorben

Hans-Ulrich Wehler ist tot

8. Juli 2014
Redaktion Börsenblatt
Am 5. Juli ist der renommierte Historiker Hans-Ulrich Wehler im Alter von 82 Jahren in Bielefeld gestorben. Wehler war von 1971 bis zu seiner Emeritierung 1996 Professor für Allgemeine Geschichte an der Universität Bielefeld und prägte Generationen von Historikern.

Der Sozialhistoriker Hans-Ulrich Wehler wurde am 11. September 1931 in Freudenberg bei Siegen geboren. An den Universitäten Köln und Bonn studierte er Geschichte, Soziologie und Ökonomie, mit einem Fulbright-Stipendium an der Ohio University in Athens. Nach seiner Promotion 1960 an der Universität Köln arbeitete er dort als Assistent, die Habilitation folgte 1968. 1970 wurde er Professor für amerikanische Geschichte an der Freien Universität Berlin, ein Jahr später wechselte er nach Bielefeld.

Seinen Schwerpunkt legte Hans-Ulrich Wehler insbesondere auf das 19. und 20. Jahrhundert − zu nennen ist hier vor allem seine bedeutende, fünfbändige "Deutsche Gesellschaftsgeschichte", die von 1987 bis 2008 bei C.H. Beck erschien. Mit seinem sozialwissenschaftlich fundierten Forschungsansatz habe er die Geschichtswissenschaft der Bundesrepublik Deutschland entscheidend beeinflusst, heißt es in einem Nachruf der Universität Bielefeld. Wehler zählt zu den Begründern der sogenannten "Bielefelder Schule", die den Ansatz einer historischen Sozialwissenschaft prägte. Immer wieder mischte sich Wehler zudem in öffentliche Debatten ein.

"Die Universität Bielefeld verliert mit Hans-Ulrich Wehler eine ihrer größten Persönlichkeiten", so der Rektor Gerhard Sagerer. "Wir haben einen außerordentlichen Wissenschaftler verloren, der mit seinen bahnbrechenden und wirkungsreichen Publikationen Generationen von Historikern geprägt hat." Wehler habe einen entscheidenden Beitrag zum hervorragenden Renommee der Bielefelder Geschichtswissenschaft geleistet − am Aufbau der Fakultät mit ihrem spezifischen Profil hatte er maßgeblichen Anteil, fährt die Mitteilung fort. Ihm und seinen Bielefelder Weggefährten sei es zu verdanken, dass Geschichtsschreibung in Deutschland auf ein theoretisches Fundament gestellt wurde.

In "Die neue Umverteilung"  (2013; C.H. Beck) thematisierte Wehler die soziale Ungleichheit in Deutschland, Anfang 2014 erschien sein Essayband "Die Deutschen und der Kapitalismus" (C.H.Beck).