Simone Finkenwirth über verschenkte Buchrückseiten

Schreibt bessere Klappentexte!

6. Mai 2015
von Börsenblatt
Schlechte Klappentexte verhindern Buchverkäufe. Welche Fehler die Verlage machen und was sie von einem guten Klappentext erwartet, erklärt die Buchhändlerin und Bloggerin Simone Finkenwirth.

Worüber sprechen wir, wenn wir vom "Klappentext" sprechen? Ihren Ursprung hat die Bezeichnung wohl von dem Text, den man zuerst liest, wenn man ein Buch mit Schutzumschlag aufschlägt. Mittlerweile hat sich der Sprachgebrauch gewandelt. Nun beschreibt das Wort eher den Text, der auf dem Buchrückseite steht. Das wird dann klar, wenn man einen Interessenten im Buchhandel beobachtet: Im ersten Augenblick wird auf den Titel geschaut, aber schon im zweiten drehen alle Menschen das Buch um und lesen den Text auf der Rückseite.


Das Eingangstor ins Werk

Der Klappentext auf der Buchrückseite ist das Eingangstor in das Werk. Und spielt – neben der Covergestaltung – eine Hauptrolle. Er muss in wenigen Augenblicken das Interesse des potentiellen Lesers wecken. Für mich als Buchhändlerin ist das gleichbedeutend mit dem potentiellen Käufer. Klingt unromantisch, aber darum geht es nun mal. Der Klappentext soll die Neugierde wie ein Feuer entfachen und Inhalt wie Gefühl des Buchs widerspiegeln. Zugleich dürfen die wenigen Sätze nicht zu viel verraten - nur so viel, dass der Kunde weiß, wovon das Buch handelt. Manchmal spielen die Texte leider eine Nebenrolle. Wenn zum Beispiel lediglich ein Zitat aus dem Buch oder nur ein kurzer, beschreibender Satz abgedruckt ist. Ein Zitat kann nicht ansatzweise den Einblick in das Buch öffnen. Es kann Fragen aufwerfen, sogar in die Irre führen und damit das Interesse des Kunden erlöschen lassen.

"Überlesen Sie den Klappentext"

Ich habe im Buchhandel Vertreter der Verlage an meiner Seite, die mir einen genauen Einblick in die Lektüre geben. Nur: Kunden haben diese Hilfe nicht. Die haben im Zweifel nur uns Buchhändler, die bei einem suboptimalen Klappentext Aufklärungsarbeit leisten. Und sagen: "Überlesen Sie bitte den Klappentext! Der stimmt nicht wirklich mit dem Inhalt des Buches überein". Dann übernehmen wir die Arbeit des Klappentexters und öffnen den Blick ins Buch. Das machen wir natürlich gern. Aber was passiert, wenn keiner von uns in der Nähe und der Kunde auf sich allein gestellt ist wie ein Durstender in der Wüste?

Gern nutzen die Verlage auch Rezensionsausschnitte von vorherigen Romanen des gleichen Autors, um ihn so zu bewerben. Aber auch das ruft oft Verwirrung hervor, hat dies doch nichts mit dem Inhalt des neuen Werkes zu tun. Der Kunde ist, hat Lust auf ein schönes Buch und will mehr als nur ein Zitat aus einem älteren Buch. Ja, Lust! Für mich das einzig richtige Wort, das ich mit einem gelungenen Klappentext assoziiere. So habe ich meinen Blog "Klappentexterin" genannt, weil ich den Menschen Lust auf lesenswerte Bücher machen möchte. Genau so sollte ein guter Klappentext sein. Anregend. Er soll den Kunden dazu bewegen, das Buch aufzuschlagen. Ein Zitat – so wundervoll es auch klingen mag – ist da nicht hilfreich.

Klappentexte sollten nicht nur das i-Tüpfelchen im äußeren Erscheinungsbild des Buches sein. Sie sollten vielmehr in einer authentischen Stimme den Inhalt des Buches wiedergeben. Klappentexte sind eine Königsdisziplin des Schreibens, für die ich mir noch mehr Fingerspitzengefühl wünsche. Damit der Kunde auch nach der Lektüre mit einem glücklichen Lächeln das Buch zuschlägt.

Simone Finkenwirth arbeitet im Buchhandel. Seit April 2010 betreibt sie den Blog "Klappentexterin"; 2013 initiierte sie die Aktion "We read Indie".