Seit 2014 wickele der Online-Konzern schon nahezu die Hälfte seines Vertriebs mit Deutschland über Polen ab, so der Börsenverein. Rund 40 Prozent ihres Amazon-Vertriebsvolumens liefern deutsche Verlage und Zwischenbuchhändler über drei Versandzentren bei Wrocław (Breslau) und Poznań (Posen) aus. Ein weiteres Logistikzentrum in einem Vorort von Prag soll im Laufe des Jahres eröffnet werden.
Branchen-Insider vermuten, dass Amazon über den tschechischen Standort verstärkt Remissionen abwickeln möchte. Schon heute laufe der Versand von Remissionen teilweise über Subunternehmer in Tschechien. Amazon profitiert in den osteuropäischen Ländern von deutlich niedrigeren Lohnkosten (weit unter dem deutschen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde) sowie Steuerermäßigungen. Zudem sei Amazon in Polen und Tschechien weniger gewerkschaftlichem Widerstand ausgesetzt als in Deutschland (wo gerade im Logistikzentrum Leipzig gestreikt wird).
Die Arbeitsplatzverlagerung gefährde mittelfristig tausende Arbeitsplätze an den acht deutschen Amazon-Standorten, befürchtet der Börsenverein. "Katastrophal" seien auf jeden Fall die Folgen für das Klima: Die Strecken, die Bücher und andere Produkte über die osteuropäischen Nachbarländer transportiert werden, würden immens ansteigen – gegenüber Lieferungen an den stationären Buchhandel um das bis zu Zehnfache.
Der Börsenverein legt dazu eine Beispielrechnung vor:
Von einer Verlagsauslieferung / einem Barsortiment in Erfurt (wo etwa KNV seinen Sitz hat) ist ein Buch nach Frankfurt 260 Kilometer unterwegs, der CO2-Ausstoß pro Buch beträgt 13,8 Gramm. Wird das Buch hingegen von Erfurt zu Amazon nach Polen geliefert und von dort nach Frankfurt, legt es eine Strecke von 1.200 Kilometer zurück. Der CO2-Ausstoß steigt dann auf 63,6 Gramm pro Buch, also fast das Fünffache. Bei einem Umwegtransport über Tschechien sind es immerhin noch 810 Kilometer (entspricht 53 Gramm CO2 pro Buch).
Die Beispielrechnung finden Sie zum Download im unten beigefügten Dossier des Börsenvereins: