Leseförderung

Bücher-Begeisterung für künftige Leser:innen

18. Oktober 2025
Nicola Bardola

Die Verleihung des Gütesiegels für Buchkitas entwickelte sich zu einer großen Feier für frühkindliche Leseförderung: Bücher in der Kindertagesstätte ein Lebensmittel - und die Pädagoginnen einfallsreiche Vermittler.

All diese tollen Aktionen und Ideen schreiben wir uns auf. Sie, die Erzieher:innen, sind eine wichtige Inspiration für uns. Und deshalb machen wir auch so gerne die Jury-Arbeit, weil wir dann auch ein wenig die Ideen klauen können!

Jutta Bummel, Buchhändlerin und Jurorin

„Ich könnte sagen, ich bin Moderator beim KiKA-Kanal von ARD und ZDF. Ich könnte sagen, ich bin Lesebotschafter bei der Stiftung Lesen. Aber wissen Sie, was ich heute sage? Ich bin Papa!“ So präsentierte sich der Moderator der Preisverleihung des Gütesiegels Buchkita Tim Gailus selbst und begeisterte mit seinen Gästen das Publikum im überfüllten Frankfurt Studio.

Die Verleihung des Gütesiegels für Buchkitas entwickelte sich zu einer großen Feier für frühkindliche Leseförderung, denn das Thema liegt Gailus persönlich am Herzen: „Ich kuratiere diese Verleihung als Papa von zwei großartigen Prinzessinnen, die für Bissspuren und ähnliche Zustände dieser Bücher zuständig sind.“ Vor ihm befanden sich mehrere Pappbilderbücher mit starken Gebrauchsspuren. Euphorisiert führte Gailus durch die Zeremonie: Bei 290 eingereichten Bewerbungen wurden 84 Kitas ausgezeichnet. Vertreter:innen von 59 der prämierten Kitas waren anwesend. Alle 84 Kitas wurden im Verlauf der Zeremonie einfallsreich namentlich genannt. „Wow, was Ihr Berufsstand alles leistet für dieses Land, für die Welt, für die Kreativität, für die Leseförderung, das verdient den größten Respekt und Applaus“, so Gailus.

Drei Jurorinnen (von sieben) gaben auf der Bühne Auskunft über ihre ehrenamtliche Arbeit: Tanja Eger von der Buchhandlung Eulennest und zugleich Sprecherin der Interessensgemeinschaft Leseförderung im Börsenverein, Meike Betzold von der Stadt- und Schulbibliothek Kelsterbach und Jutta Bummel von der Buchhandlung Eulenspiegel in Hochheim. Letztere hatte 2007 den Gütesiegel gemeinsam mit der Buchhändlerin und Leseförderin Irmgard Clausen ins Leben gerufen: „Das fühlt sich heute ganz großartig an, dass wir Ihnen allen hier gratulieren können zu Ihrer großartigen Arbeit. Wir sichten Ihre Bewerbungen immer sehr gern, weil wir so viele tolle Ideen, Inspiration, Kreativität und so viel Leidenschaft für das Buch vorfinden“, so Bummel. Sie erinnerte an Clausen, an die leidenschaftliche Buchhändlerin, die für Leseförderung brannte.

Kurz vor ihrem Tod 2021 hatte Clausen verfügt, dass ihr Vermögen in eine Stiftung übergeht, um Leseförderung für alle zu ermöglichen. „Ohne die Irmgard Clausen Stiftung für Leseförderung gäbe es den Gütesiegel nicht“, so Bummel. Sie erklärte, dass von den 84 Gewinnerinnen 31 erneut ausgezeichnet wurden. „Aber auch alle anderen, die heute ausgezeichnet werden, lösten bei uns wahre Begeisterungsstürme aus. All diese tollen Aktionen und Ideen schreiben wir uns auf. Sie sind eine wichtige Inspiration für uns. Und deshalb machen wir auch so gerne die Jury-Arbeit, weil wir dann auch ein wenig die Ideen klauen können“, so Bummel. Im Bewerbungsbogen gebe es am Ende ein freies Feld, worin die Kitas weitere Anmerkungen notieren können. Eine davon las Bummel vor: „Bücher sind für viele Kinder ein Halt in der Eingewöhnung, eine Brücke zur Sprache, ein Ort für Phantasie und für das Team eine gemeinsame Herzenssache.“ Betzold erinnerte daran, dass in jeder Kita, in der viel vorgelesen werde, das Interesse der Kinder an Büchern deutlich wachse. Auch die Konzentrationsfähigkeit der Kinder sei größer. Zudem bedankte sich Betzold ausdrücklich bei der Hans-Riegel Stiftung, die für 40 der Kitas, die nur knapp das Gütesiegel nicht bekommen hätten, ein Förderprogramm anbietet.

Gailus bat die Bilderbuchkünstlerin Susanne Straßer auf die Bühne. „Leseliebe entsteht sehr früh“, so Straßer, deren Pappbilderbücher in Kitas Bestseller sind, denn ihre einfallsreichen Kurzgeschichten und Bilder sind besonders geeignet für den Spracherwerb. Sie selbst tritt oft in Kitas auf und bekommt dank des ungefilterten Feedbacks der Kinder immer wieder Ideen für neue Bücher. Auf der Bühne gab sie Einblicke in ihre Arbeit. Ihre Illustrationstechnik basiert auf bewusst reduzierten Bildern, der Entstehungsprozess selbst ist aber aufwändig. Auf der Bühne präsentierte sie live ihre Technik, die Monotypie. So erzeugt Straßer die besonderen schwarzen Linien ihrer Figuren – keine glatten Linien, die normalerweise rasch mit Fineliner oder Tusche entstehen könnten, sondern gedruckte Linien, die dafür sorgen, dass die Ränder sprenkelig sind, geprägt von einem körnigen Duktus. Straßer führte das Verfahren mit wasserlöslicher und ungiftiger Linoldruckfarbe vor. „Das hat dann etwas kindlich Naives, aber auch etwas Künstlerisches“, so Straßer. Für ihre Darbietung – und für ihre Bücher – bekam sie viel Applaus. Zuletzt versammelten sich alle Ausgezeichneten auf der Bühne, die für das Gruppenfoto entschieden zu klein war.

Über die Auszeichnung

Mit dem Gütesiegel Buchkita zeichnet der Börsenverein seit 2019 gemeinsam mit dem Deutschen Bibliotheksverband e.V.  Kindertagesstätten aus, die sich herausragend für die frühkindliche Leseförderung engagieren. Buchhandlungen und Bibliotheken, die mit einer Kindertagesstätte kooperieren oder hervorragende Förderprojekte in ihrem Umfeld kennen, können Einrichtungen für das Gütesiegel vorschlagen.