Jurymitglied Insa Wilke zum Deutschen Verlagspreis 2021

„Ein größeres Selbstbewusstsein“

26. Mai 2021
von Kai-Uwe Vogt

Mehr Verlage als im Vorjahr haben sich für den Deutschen Verlagspreis beworben. Heute wurden die Siegerinnen und Sieger verkündet. Jury-Mitglied Insa Wilke über den Auswahlprozess.

Worauf haben die Verlage in diesem Jahr den Fokus bei ihren Bewerbungen gesetzt?

Es war sehr deutlich, dass es um die persönliche Motivation, das spezielle Profil und ein programmatisches Verantwortungsgefühl geht: für die Autor*innen, die Bücher, oft aber auch für die Region.

Wie hat sich der Inhalt der Bewerbungen im Vergleich zum Vorjahr verändert?

Da konnten wir keinen signifikanten Unterschied feststellen. Vielleicht ein größeres Selbstbewusstsein, weil der Preis – hoffentlich – bereits klar gemacht hat, dass die Arbeit der Verlage sehr geschätzt wird.

Inwiefern haben sich die Juryarbeit und möglicherweise Ihre Kriterien verändert?

Die Kriterien sind ja durch die Vorgaben bei der Bewerbung transparent. Dann gibt es aber immer auch einen Prozess der Aushandlung, der davon abhängt, wer sich aus welchem Feld bewirbt. In diesem Jahr waren viele Kunstbuchverlage dabei, das war in den anderen Jahren nicht so. Auch einige Verlage, die sich bislang nicht beworben haben, konnten wir dieses Jahr kennenlernen. Deswegen verläuft die Diskussion jedes Jahr etwas anders. Und eine Diskussion ist nötig, weil eben doch immer mehr Bewerbungen als Auszeichnungsmöglichkeiten da sind. Die Jury muss also Entscheidungen treffen.

Welche Projekte haben Sie persönlich besonders begeistert?

Mich begeistern die Verlage, bei denen ich merke, dass sie gegen vermeintliche Trends an ihre Sache glauben – und damit eben oft auch Erfolg haben. Verlage, die ihrem Publikum etwas zutrauen, professionell arbeiten, also auch auf die Qualität von Gestaltung, Satz, Übersetzung achten, und die Personen, die für diese Qualität sorgen, auch entsprechend behandeln. Es ist einfach immer schön zu sehen, wenn Leute wissen, was sie tun und warum.

Haben Sie trotz Pandemie mit so vielen Bewerbungen gerechnet?

Mich freut sehr, dass sich offenbar rumgesprochen hat, dass sich verschiedenste Verlage bewerben können. Das war der Jury in den ersten Jahren wichtig: Klar zu machen, dass dies kein Literaturpreis für einen engeren Zirkel ist, sondern wirklich ein Preis für Verlagsarbeit. Die Jury ist offen für und neugierig auf die verschiedensten Profile.

Wie sah es denn mit den Bewerbungen jenseits der Verlagshochburgen aus?

Aus den Metropolregionen gibt es mehr Bewerbungen als vom Land. Das hängt schlicht mit den Produktionsbedingungen von Verlagen zusammen. Metropolregionen vereinfachen vieles, zum Beispiel, weil Netzwerke vor Ort sind. Insofern spiegelt der Deutsche Verlagspreis auch die Standorte und Standortbedingungen der Verlagsbranche.

 

Wie wichtig ist es für die Preisträger, gerade im Corona-Jahr ausgezeichnet zu werden?

Das müssen Sie die einzelnen Verlage fragen. Sicher ist es eine spezielle Unterstützung, besonders in diesem Jahr. Wie letztes Jahr sage ich aber auch jetzt: Der Deutsche Verlagspreis ist eine Auszeichnung. Kompensation für die Einnahmen-Ausfälle durch die Pandemie sowie die Maßnahmen gegen die Pandemie müssen gesondert verlangt und auch geleistet werden. So, wie es für andere Branchen der Fall ist.

 

Die Literaturkritikerin Insa Wilke ist Vorsitzende der Jury beim Deutschen Verlagspreis. Seit 2013 gehört Wilke zum Team von „Gutenbergs Welt“ (WDR3), seit 2017 zum „lesenswert quartett“ im SWR Fernsehen. Sie ist Programmleiterin des Mannheimer Literaturfestes „lesen.hören“.