Presseschau

Literaturzeitschriften, Michael Chrichton, Comics

23. Oktober 2007
von Börsenblatt
Unter der Überschrift "Starke Gefühle unter Bartträgern" beleuchtet die taz die Literaturzeitschriften "Horen" und "Lettre". Ebenfalls Thema: US-Bestsellerautor Michael Chrichton und die 29. Ausgabe der Tollen Hefte (Büchergilde Gutenberg).
"Starke Gefühle unter Bartträgern" - die "taz" schreibt über die aktuellen Ausgaben der "Horen" und "Lettre": "Mein Verhältnis zu Grass ist jedenfalls für immer aus den Fugen", erklärt Hans Ulrich Gumbrecht, Literaturwissenschafter und Präsenzproduzent aus Stanford, in der aktuellen Ausgabe der Horen. Die Literaturzeitschrift hat dem 80-Jährigen einen schön komponierten Geburtstagsschwerpunkt gewidmet. Begleitet von mehreren Fotostrecken, gratulieren Kollegen und Interpreten mit Erinnerungen, Essays und Gedichten. Fritz J. Raddatz steuert Tagebuchnotizen über GG aus dem vergangenen Jahr bei, Christa Wolf verteidigt ihn mit typischem Tremolo gegen seine bösen Verfolger, Peter Härtling und Michael Krüger dichten ambivalente Verse. Und überraschenderweise mittendrin die typische Gumbrecht-Mischung aus Eitelkeit und Einsicht: Grass sei "der entscheidende Autor" im seinem Leben gewesen, die "Blechtrommel" das erste Buch, "das mich verschlungen hat". Es half ihm, sich gegen seine entrüsteten Eltern zu politisieren. Doch dann "die Sache mit der Waffen-SS": sie verwies Grass "zur Generation der schweigenden Schuldigen". Starke Gefühle: Gumbrecht kennt ihn so gut, "dass ich in ihn verliebt war" - offenbar eine tragische intergenerationelle Romanze zweier Schnauzbärte. ... Wie so oft weiß man bei der Lektüre der aktuellen, großartigen Ausgabe von Lettre nicht, welchen Beitrag man zuerst loben soll. Leidenschaftliche Briefe schrieb ein Leben lang die leidenschaftliche Martha Gellhorn, Journalistin und zeitweilige Frau von Ernest Hemingway; eine Auswahl ist hier abgedruckt. Wolfgang Storch schreibt einen Essay über "Viscontis Deutschland", in dem er die spezielle Neigung des italienischen Regisseurs zu deutschen Stoffen erklärt, all die Traumwelten und Pathologien in "Tod in Venedig", in "Ludwig II.", in der dem Krupp-Erben Arndt von Bohlen und Halbach nachempfundenen Gestalt des Martin von Essenbeck aus "Die Verdammten" und dem sich einer italienischen Faschistengruppe anschließenden jungen Deutschen Konrad, verkörpert von Helmut Berger in "Gewalt und Leidenschaft". "In Crichtons Büchern passiert die Zukunft schon heute" - die Netzeitung porträtiert Hollywoods Multitalent: Michael Crichton vereint ungewöhnlich viele Talente in sich: Er ist Mediziner mit Harvard-Diplom, Autor von 26 Romanen und weiteren elf Drehbüchern, außerdem Regisseur und Produzent. Seine Vorlage für Steven Spielbergs «Jurassic Park» machte ihn so berühmt, dass Paläontologen eine neu entdeckte Dinosaurierspezies in China nach ihm benannten: Crichtonsaurus bohlini. Am Dienstag feiert Hollywoods Multitalent seinen 65. Geburtstag. ... In Chicago geboren, in Roslyn, einem verschlafenen Nest unweit von New York, aufgewachsen, studierte der Sohn eines Journalisten erst Literatur und dann Medizin. Schon in dieser Zeit schrieb er Romane unter Pseudonymen, darunter dem Namen John Lange, eine Anspielung auf seine Größe von 2,06 Meter. Außerdem hielt er als Gastdozent an der britischen Universität Cambridge Vorträge in Anthropologie. Crichtons Bücher werden rund um den Globus verschlungen - bisher in 150 Millionen Kopien. Die größten Erfolge brachten ihm Techno-Thriller wie «Andromeda», «Der große Eisenbahnraub», «Die vergessene Welt» und «Welt in Angst» ein. Seinen ersten Preis gewann er mit dem unter dem Pseudonym geschriebenen Roman «Die Intrige», den Edgar Allan Poe Award. Der amerikanische Ärzteverband AMA zeichnete ihn für «Fünf Patienten/Notaufnahme» mit ihrem Schriftstellerpreis aus. 1995 folgte ein Oscar für technischen Errungenschaften, im gleichen sowie im folgenden Jahr je ein Emmy für «ER». "Abenteuerheft für Große" - Ilka Kreutzträger hat sich für Spiegel online die 29. Ausgabe der "Tollen Hefte" angesehen: Der 1966 in Frankreich geborene Blexbolex ist Autor und Illustrator und zählt in seiner Heimat zu den erfolgreichsten aufstrebenden Zeichnern. Das 29. "Tolle Heft" ist nun so etwas wie ein Ritterschlag für ihn, denn vor Blexbolex haben schon Charles Bukowski und T.C. Boyle für die Reihe geschrieben und Yvonne Kuschel und Henning Wagenbreth die fadengehefteten Ausgaben illustriert und gestaltet. "Die Flucht nach Abecederia" ist eine Abenteuergeschichte für Erwachsene, ein bisschen abstoßend, sehr aufregend und einfach großartig. Blexbolex erzählt nicht nur von der Flucht und den Erlebnissen der Blanchet-Brüder in Abecederia, sondern lässt viel Interpretationsspielraum für Querverbindungen zum echten Leben: Die Geschichte eines Staatschefs, der für Kriminelle jenseits der Landesgrenzen einen nach Außen abgeschotteten Ort geschaffen hat, an dem die eigenen Gesetze nicht gelten, klingt nicht nach purer Fiktion des Autors.