Ausbildung

"Wir betreten ein Stück Neuland“

24. Juli 2015
von Börsenblatt
Welche Chancen haben die Absolventen des neuen Bachelor-Studiengangs Buchhandel/Verlagswirtschaft am Arbeitsmarkt? Fragen an Christian Ide, Professor für Verlagsherstellung an der HTWK Leipzig.
Was ist neu für die angehenden Verlagshersteller, die im Oktober feierlich im Gewandhaus immatrikuliert werden und dann zum Wintersemester ihr Studium beginnen? Christian Ide: Sie schließen anstatt des bisherigen "Diplomingenieurs“ mit dem akademischen Grad "Bachelor of Engineering“ ab. Die Regelstudienzeit verkürzt sich von acht auf sieben Semster – die meisten Bachelor-Studiengänge, auch der neu konzipierte Studiengang Buchhandel/Verlagswirtschaft an der HTWK, dauern sechs Semester. Wir wollten, mit Blick auf das facettenreiche Berufsbild, noch ein Semester mehr reingeben – dafür hat unser Master-Studiengang Medienmanagement, der voraussichtlich ab SS 2012 angeboten wird, nur drei Semester. Die wesentlichste Neuerung ist die Aufteilung der Lehrinhalte in sogenannte "Module“, die statt Lehrfächer auf einer studentischen "Workload“ basiert. Die Module sollen die tatsächliche Arbeitsbelastung der Studierenden genauer wiedergeben und gemäß den Vorgaben von Bologna auch international austauschbar sein. Das Studium gliedert sich in sechs Modulbereiche: Technik, Workflow, Wirtschaft, Electronic Publishing, Schlüsselqualifikationen und Medienproduktion. Deren Gewichtung ist in den ersten fünf Semestern einheitlich: Hier werden in jedem Modulbereich sechs Fächer angeboten, die jeder Studierende erfolgreich abschließen muss. Diese 30 "Pflichtmodule“ sollen sicherstellen, dass die Studenten im anschließenden praktischen Semester die nötigen Grundkenntnisse mitbringen, aktiv in ihrem Praktikumsunternehmen mitzuarbeiten. Nach absolviertem Praxis-Semester vertiefen die Studierenden ihr Wissen in ausgewählten Bereichen, in dem sie so genannte "Schwerpunktmodule“ belegen. Macht das neue System das Studieren im Ausland tatsächlich einfacher? Ide: Grundsätzlich ja. Die Module sind mit europaweit standardisierten ECTS (=European Credit Transfer System)-Punkten belegt. Das macht die Anerkennung einfacher. Zumindest auf dem Papier. Bislang haben Studierende, die im Ausland waren, faktisch ein Jahr länger studiert; der Anschluss nach dem Auslandssemester gestaltete sich selten reibungslos. Dabei sind internationale Erfahrungen heute ausdrücklich erwünscht – und es sind gerade die engagierteren, fitten Studenten, die stärker ins Ausland drängen. Müssen die Studierenden, die ab Herbst das neue Ausbildungssystem erstmals durchlaufen, bangen, als eine Art "Versuchskaninchen“ betrachtet zu werden? Ide: Solche Ängste sind unbegründet, auch wenn sicher zu Anfang noch nicht alles perfekt laufen wird. Wir Lehrende betreten ja auch ein Stück Neuland. Die Bachelor-Ausbildung und die neu eingeführte Modularisierung gehen mit einer stärkeren Verschulung des Studiums einher, die Wahlmöglichkeiten für die Studierenden werden geringer. Die Universitäten tun sich mit diesem Systemwechsel aber in der Regel schwerer als Fachhochschulen. Andererseits hat die genaue Beschreibung von Lernzielen und Lehrinhalten für mich auch sehr positive Aspekte: Es ist für die Studierenden zu jeder Phase der Ausbildung transparent, was sie können, welche Fähigkeiten sie erworben haben müssen. Dieser Ansatz soll auch das Selbststudium stärken. Die Gretchenfrage: Welche Chancen haben Ihre Absolventen am Arbeitsmarkt? Ide: Unser Fachbeirat, dem 20 Herstellungsleiter und prominente Berater aus der Verlagsbranche angehören, hat die 18monatige Planungs-Phase des Bachelor-Studiengangs engagiert begleitet – von dieser Seite haben wir große Zustimmung. Im letzten Jahr habe ich bei 45 Studienplätzen 35 Jobangebote direkt an die Hochschule bekommen. Ich denke, diese Quote spricht für sich. Wer sollte sich in Leipzig bewerben? Ide: Als einer der ersten Studiengänge an der HTWK suchen wir Bewerber hochschulintern über ein individuelles Auswahlverfahren aus. 2007 hatten wir einen Numerus Clausus von 2,2. Für Bewerber, die unmittelbar nach dem Abitur studieren wollen, ist ein 12-wöchiges Vorpraktikum in einem Verlag oder einem drucktechnischen Betrieb Voraussetzung. Für Bewerber mit fachbezogener Berufsausbildung, über deren Bewerbung wir uns besonders freuen, entfällt dieses Praktikum – sie bekommen sogar einen Bonus auf ihre Abiturnote, werden also bevorzugt zugelassen. Last, but not least (lacht): Gern würde ich noch ein paar engagierte Verlagsbuchhändler oder Mediengestalter aus den Altbundesländern nach Leipzig locken. Die müßten sich jedoch, eben so wie alle anderen Interessenten, sputen: Bewerbungsschluss ist der 15. Juli. Verlagsherstellung: Dekan: Prof. Dr. Michael Reiche Fachbereich: Medien Regelstudienzeit: 7 Semester (Praxisphase: 6. Semester) Akademischer Grad: Bachelor of Engineering Möglichkeiten nach dem Studium: Verantwortliche Tätigkeiten in den Bereichen Herstellung, Produktionsplanung und Marketing im Verlag, in Vertriebs-, Werbe- und PR-Abteilungen sowie in Produktions- und Dienstleistungsunternehmen im Bereich Multimedia und Elektronisches Publizieren Weiterführendes Studium: Master-Studiengang Medienmanagement (ab SS 2012) Lesen Sie auch den Artikel über die Veränderungen durch die Bachelor-Studiengänge im aktuellen BÖRSENBLATT.