Hörbücher des Jahres 2008

Von der "besonderen Seligkeit" des Hörens

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Bei einer Matinee im Wiesbadener Staatstheater wurden gestern von hr2 und vom Börsenblatt die Hörbücher des Jahres 2008 verliehen – diesmal an Peter Kurzecks "Ein Sommer der bleibt" (supposé) und "Rico, Oskar und die Tieferschatten" von und mit Andreas Steinhöfel (Hörbuch Hamburg / Silberfisch).
Mit "Ein Sommer, der bleibt - Peter Kurzeck erzählt das Dorf seiner Kindheit" (4 CDs, Verlag supposé, Berlin) hat der Schriftsteller Peter Kurzeck quasi eine neue literarische Gattung geschaffen: Sein fünfstündiger Roman liegt nur in gesprochener Form vor. Peter Kurzeck, 1943 in Böhmen geboren, wuchs im ehemaligen Staufenberg in Mittelhessen auf. In "Ein Sommer, der bleibt" erzählt er von den Dingen des Lebens im Dorf seiner Kindheit und Jugend, dem Mohnmühlchen, der Burg, den Tieren und Menschen – und erinnert sich nach mehr als 50 Jahren an jedes Detail. Der Hörer erlebe "die Entstehung von Literatur beim Sprechen", so die Jury. Dieses Meisterwerk der Hörkunst mache das Zuhören zu einer beglückenden Offenbarung und sei "ein heller Stern am Himmel der vielfältigen Produktionen". Der Literaturkritiker ("Süddeutsche Zeitung") und Juror der hr2-Hörbuchbestenlliste Wolfgang Werth sprach von supposé-Verleger Klaus Sander und Peter Kurzeck in Wiesbaden als ein "hochlöbliches Gespann", das ein Werk geschaffen habe, das zu Hören eine "besondere Seligkeit" sei. Zum "Kinder und Jugendhörbuch des Jahres 2008", dem mit 10.000 Euro dotierten "Hörbuch-Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden", wählte die Jury die Lesung "Rico, Oskar und die Tieferschatten" von und mit Andreas Steinhöfel (4 CDs, Hörbuch Hamburg/Silberfisch, Hamburg). In dem Hörbuch erzählt Steinhöfel von dem "tiefbegabten" Jungen Rico, der den hochbegabten kleinen Oskar trifft. Die beiden freunden sich an und jagen gemeinsam einen gefährlichen Kindesentführer. Nach Meinung der Jury beweist Andreas Steinhöfel bei seiner Lesung beeindruckende Qualitäten. Seine warme, angenehme Stimme werde zum Freund des Hörers. "Der Perfektionswahn der Bildungsdebatte wird mit diesem Hörbuch der Lächerlichkeit preisgegeben", urteilte der Laudator Hans Heino Ewers vom Institut für Jugendbuchforschung. Der Hörfunkdirektor des Hessischen Rundfunks, Heinz Sommer, betonte in seinem Grußwort: "Das Hörbuch wird zu einer Verlängerung des Radios über dessen Zeitgebundenheit hinaus. Und es führt den Hörer zu seinem Ausgangspunkt Radio zurück, indem es den Sinn dafür schärft, was Radio auch sein kann und glücklicherweise immer wieder ist: Medium des Erzählens und der Sprache". Konsequenterweise würden heute Lesungen und Hörspiele im Radio oftmals schon von vornherein unter dem Blickwinkel dieser zweiten Nutzungsart geplant und umgesetzt, um das Publikum optimal zu erreichen. Zu den Laudatoren und Ehrengästen bei der Veranstaltung im Rahmen des hr2-Hörfestes in Wiesbaden gehörten neben Sommer auch die Kulturdezernentin der Landeshauptstadt Wiesbaden, Rita Thies. Bereits zum achten Mal veranstaltete die Stadt gemeinsam mit dem hr2 das hr2-Hörfest Wiesbaden. Seit Januar werden in der hessischen Landeshauptstadt in der Reihe "Einfach die Besten" alle zwei Monate die von der hr2-Hörbuchbestenliste gekürten Hörbücher für Kinder und Jugendliche im Wiesbadener Programmkino Caligari von Autoren, Schauspielern und/oder Produzenten vorgestellt. Die hr2-Hörbuch-Bestenliste wird seit Mai 1997 von hr2-kultur und dem BÖRSENBLATT herausgegeben. Kooperationspartner sind die Zeitschriften "Chrismon" und "Hits für Kids". Die Liste wird monatlich von einer unabhängigen Jury publiziert, der 23 Kritiker und andere Persönlichkeiten des kulturellen Lebens angehören. Ein Interview mit Dieter Anschlag, Redaktionsleiter der "Funkkorrespondenz" und Mitglied der Jury der hr2-Hörbuchbestenliste, lesen Sie im nächsten Börsenblatt, das am 29. Januar erscheint. Die Aufzeichnung der Preisverleihung hören Sie auf hr-kultur am 22. Feburar, 12.05 Uhr.