Der dbv fordert in seiner Stellungnahme zum Dritten Korb des Urheberrechts, die Wiedergabe an elektronischen Leseplätzen nach Paragraf 52 b UrhG auf sämtliche Bildungseinrichtungen ohne eigene Bibliothek auszudehnen (etwa Schulen). Bleiben die Verlage als Content-Lieferanten dabei nicht außen vor?
Beger: Paragraf 52 b des Urheberrechtsgesetzes sieht bereits in der geltenden Fassung eine Vergütungspflicht vor. Für die Jahre 2008 und 2009 wurden sogar bereits Beträge vereinbart. Warum sollte sich daran etwas ändern, wenn der Kreis der privilegierten Einrichtungen eine Erweiterung findet? Im Übrigen steigen Erwerb und Nutzung lizenzierter elektronischer Verlagsangebote nachweisbar in den Bibliotheken – trotz Paragraf 52 a und 52 b UrhG.
Aber müsste nicht den Verlagen eine Möglichkeit eingeräumt werden, Angebote auf vertraglicher Basis zu unterbreiten, wie dies beim (digitalen) Kopienversand durch Subito der Fall ist?
Beger: Den Verlagen bleibt es doch unbenommen, den Adressaten der Paragrafen 52 a und 52 b UrhG vertragliche Angebote zu unterbreiten. In der Praxis wird man auch auf gute lizenzierte Angebote zurückgreifen, wenn diese zu angemessenen Konditionen vorliegen, da auch die Anwendung der Paragrafen 52 a und 52 b Kosten verursacht. Der Gesamtvertrag zu Paragraf 52 a (Hochschulen), dem allerdings die VG Wort nicht beigetreten ist, enthält sogar eine diesbezügliche Option. Über die Anwendung des Paragraf 52 a (Schulen) hat die VG Wort bereits einen Gesamtvertrag unter Vereinbarung einer Vergütung geschlossen.
Warum vertrauen Sie eigentlich auf den Gesetzgeber und die Allianz der Forschungseinrichtungen, wenn es darum geht, Inhalte im Netz frei zugänglich zu machen? Open Access ist nachweislich nicht das Geschäftsmodell, mit dem sich Publikationskosten reduzieren lassen. In einigen Fällen ist sogar das Gegenteil der Fall …
Beger: Open Access dient nicht primär der Senkung von Publikationskosten, sondern dem freien ungehinderten Zugang zu Wissen, das der Urheber als seine Publikationsform erwählt hat.
Weshalb unterstützen Sie die Position der TU Darmstadt, Lehrbücher zu digitalisieren und den Download der Titel auf USB-Sticks zu gestatten – wo doch nicht einmal klar war, ob die Uni-Bibliothek überhaupt zur Digitalisierung legitimiert war?
Beger: Der dbv unterstützt die Rechtsauffassung der TU Darmstadt, weil die Auseinandersetzung mit vorhandenem Wissen das Kopieren von Textteilen einschließt, und sich wissenschaftliches Arbeiten heute elektronisch vollzieht. Dem entspricht auch Paragraf 53 Absatz 2 Ziffer 1 UrhG. Ob unsere Rechtsauffassung Bestand hat, wird der Ausgang des Prozesses zeigen.
Die vorgeschlagene Ausweitung von Schrankenregelungen und die Durchsetzbarkeit des Rechts auf Privatkopie würde das Urheberrecht in inakzeptabler Weise verletzen. Ist Ihnen das gleichgültig?
Beger: Ihre Auffassung teile ich nicht. Das Urheberrecht wird durch die von uns vorgeschlagene Ausweitung von Schrankenregelungen und des Rechts auf Privatkopie nicht in inakzeptabler Weise verletzt.
Wenn Sie den in der dbv-Stellungnahme im ZUsammenhang mit den Paragrafen 52 a und 52 b UrhG verwendeten Begriff der "Digitalisierungsermächtigung" einmal zu Ende denken - bedeutete dies nicht das Aus für eine professionell arbeitende Verlagsszene?
Beger: Nein.
Der Vorschlag, zum erleichterten Umgang mit verwaisten Werken eine neue Schranke ins Urheberrechtsgesetz einzuführen, verletzt das Urheberrecht im Kern. Begeben Sie sich damit nicht auf dieselbe Ebene wie Google in den USA?
Beger: Der Vergleich mit Google hinkt schon deshalb, weil der dbv eine gesetzliche Schranke vorschlägt, also ein gesetzeskonformes Verfahren fordert. Wissen Sie eigentlich, wie viele Schätze an Büchern sich in Bibliotheken befinden, die nach gewissenhafter Prüfung als verwaist einzustufen sind, und durch eine öffentliche Zugänglichmachung erst wieder entdeckt werden können? Auch hier sind Vergütungsregelungen einzuführen und nach Bekanntwerden eines Urhebers ein Widerspruchsrecht. Der Wille des Urhebers muss der Grundsatz bleiben.