LG Buch

Michael Fürtjes: "Verbindlichkeit ist eine Folge von Identifikation"

19. Mai 2011
von Börsenblatt
Die Turbulenzen der Jahre 2008 und 2009 sind vergessen – jetzt sieht sich die LG Buch wieder auf Kurs. Auf der Jahrestagung, die morgen in Bad Salzschlirf beginnt, soll das einmal mehr unter Beweis gestellt werden. Wie und in welchem Umfang die Genossen heute im Alltag mehr Verbindlichkeit wagen? Und warum E-Books für sie eher ein Randthema sind? Antworten von Michael Fürtjes, dem geschäftsführenden Vorstand des Verbunds. 
Ihre Zukunftskonferenz liegt jetzt drei Monate zurück, Sie haben die Ideen kanalisiert und setzen sie nun peu á peu um – ohne darüber bislang öffentlich viel zu reden. Hat das Treffen denn etwas gebracht?

Fürtjes: Ja, sehr viel sogar– für uns als Verbund. Die Zukunftskonferenz hat uns einen Schub nach vorn gegeben, weil der Sinn für gemeinschaftliches Agieren wieder belebt wurde. Dabei wurde auch klar, dass unsere Mitglieder an der bisherigen strategischen Ausrichtung der Genossenschaft festhalten wollen. Also daran, partnerschaftliche Vereinbarungen mit Verlagen zu treffen und die Zusammenarbeit mit dem Barsortiment Umbreit zu pflegen.

Hat Sie das überrascht?   

Fürtjes: Sagen wir so: Die Chancen, die in beiden Kooperationsmöglichkeiten liegen, rein wirtschaftlich gesehen, waren hier und da wohl ein wenig in Vergessenheit geraten. Durch die Zukunftskonferenz, bei der mehr als 100 Mitglieder dabei waren, hat sich das verändert.

Sie meinen das Bewusstsein für mehr Verbindlichkeit gegenüber den Partnern?

Fürtjes: Ja, denn Verbindlichkeit ist eine Folge von Identifikation mit der Genossenschaft, der man sich angeschlossen hat. Man muss verstanden haben, dass man durch die Mitgliedschaft Teilhaber einer weiteren Firma, nämlich der Genossenschaft, geworden ist. Mir scheint, dass es uns in den vergangenen zwei Jahren gelungen ist, dieses Bewusstsein bei einer stattlichen Zahl unserer Mitglieder wieder zu wecken und gerade dadurch auch das Interesse neuer Mitglieder und neuer Partner zu finden.

Sie sind jetzt seit zwei Jahren im Amt – und mit dem Erfolg der Arbeit zufrieden?

Fürtjes: Im großen und ganzen ja.

Bereits vor einem Jahr haben Sie bei den Mitgliedern der LG Buch sehr dafür geworben, mit Umbreit enger zusammenzuarbeiten. Was ist daraus geworden? Ein Konzept für ein Zentrallager?

Fürtjes: Nein. Ein klassisches Zentrallager wird es – zumindest in nächster Zukunft – nicht geben, weder ein physisches noch ein virtuelles. Aber Logistik ist natürlich auch für uns ein wichtiges Thema.

Inwiefern?

Fürtjes: Weil hier noch Effizienzpotential nicht ausgeschöpft wird. Deshalb werden wir mit Umbreit einen zentralen Wareneingang einrichten – für besondere Titel und Aktionen. Ab dem kommenden Jahr sollen zum Beispiel die Titel für unsere Monatsaktion über Umbreit an die Mitgliedsbuchhandlungen geliefert werden. Das bedeutet auch für unsere Partnerverlage einen Vorteil: Sie haben dann zumindest für diese Titel nur noch eine Lieferadresse – anstatt mehr als 200. Dieses Verfahren ist natürlich auch für Topseller sinnvoll oder für verlagsübergreifende Themenaktionen.

Zu Ihrer Jahrestagung, die morgen in Bad Salzschlirf beginnt, haben Sie auch den Börsenverein eingeladen. Das Thema der Gesprächsrunde mit Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis lautet: „Gemeinsam neue Kapitel aufschlagen“. Welche?

Fürtjes: Manche kritisieren, der Börsenverein sei von ihrer Arbeitswelt weit entfernt. Darüber sollte man reden – so direkt und konkret wie möglich. Herr Skipis kommt zu unserem Jahrestag, damit die Mitglieder und die Gäste aus den Partnerfirmen die Möglichkeit haben, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Über die Relation Landesverbände – Hauptverband, die Dienstleistungen des Börsenvereins für die buchhändlerischen Mitglieder, Sinn und Nutzen von libreka!, die Höhe der Mitgliedsbeiträge und manches mehr. Ich hoffe, dass viele die Gelegenheit wahrnehmen und sich zu Wort melden.

Warum?

Fürtjes: Nur wer eigene Ideen und Vorschläge in die Branchendiskussion einbringt, kann erwarten, dass seine Anregungen Niederschlag finden. Ins Gespräch einzusteigen hat doch etwas mehr Niveau, als schweigend vor sich hin zu brummen oder aus dem Abseits heraus zu nörgeln. Nebenbei: Es geht bei diesem Programmpunkt unseres Jahrestags auch darum, die Präsenz der kleineren und mittleren Sortimenter im Börsenverein vor Augen zu führen.

Die Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Buchhandlungen (AUB) schlägt vor, eine Art Verbund der Verbünde zu gründen – unter dem Dach des Börsenvereins. Wäre die LG Buch dabei?

Fürtjes: Für eine solche Zusammenarbeit habe ich durchaus Sinn, wenn es nicht darum geht, die Profile der einzelnen Verbünde zu nivellieren und wenn die Gespräche nicht in endlose Debatten und Selbstbespiegelungen münden. Kurzum: Wichtige gemeinsame Themen, die die Existenz und die Zukunft des unabhängigen, inhabergeführten Sortiments betreffen, können und sollten verbundübergreifend behandelt werden. Der richtige Ort dafür ist nach wie vor der Börsenverein.

Um die Kontakte der Mitglieder untereinander zu vertiefen, planen Sie eine Diskussionsplattform im Internet – unter dem Namen sortimentus.de. Wann geht’s los?     

Fürtjes: Ein genaues Datum für den Start haben wir noch nicht festgelegt. Übrigens soll die Plattform nicht nur die Kommunikation innerhalb der LG Buch vorantreiben – sondern in der gesamten Branche. Jeder wird mitmachen können. In Bad Salzschlirf stellen wir Sortimentus vor.

Bei Ihrer Tagung wird es um Marketing und Werbung gehen, um Logistik und Versicherungen. Das Thema E-Book, derzeit landauf landab in aller Ohren, steht nicht auf Ihrer Agenda. Haben Ihre Mitglieder daran kein Interesse?   
 
Fürtjes: Im Arbeitsalltag unserer Mitglieder kommt dieses Thema durchaus vor, aber doch eher neben- bis untergeordnet. Deshalb haben wir es nicht auf die Tagesordnung gesetzt. Außerdem halte ich die aktuellen Diskussionen um E-Books für überdimensioniert – und oft auch für ideologiebelastet.

Umbreit hat gerade eine Kooperation mit Media Control vereinbart – möchte Ceebo, die Plattform für digitale Inhalte, integrieren. Wäre das nicht eine Option für die LG Buch?

Fürtjes: Wir sind mit Umbreit auch darüber im Gespräch.