Umbau der Cornelsen-Gruppe

Verdi fordert Abschaffung des Tendenzschutzes

12. September 2012
von Börsenblatt
Ende August war der Antrag des Duden-Betriebsrats gegen die Umzugspläne der Konzernmutter Cornelsen vor dem Mannheimer Arbeitsgericht gescheitert. Nun appelliert die Gewerkschaft Verdi an die Landesregierung in Baden-Württemberg, sich für die Abschaffung des Tendenzschutzes einzusetzen. 

Verdi hat den Minister für Finanzen und Wirtschaft in Baden-Württemberg, Nils Schmid, am 10. September in einem Schreiben aufgefordert, sich im Bundesrat für eine Abschaffung des Tendenzschutzes in der Betriebsverfassung einzusetzen. Das teilt die Gewerkschaft mit.

Aktueller Anlass der Forderung ist die geplante Verlegung wesentlicher Teile des Dudenverlages von Mannheim nach Berlin. Mit Verweis auf den Tendenzschutz verweigere die Geschäftsführung des Verlages wesentliche Mitwirkung und Mitbestimmung des Betriebsrats und verzichte damit auch auf Erfahrungswissen und Kompetenz, so Verdi. "Wo Entscheidungen vermeintlich betriebswirtschaftlich begründet sind, müssen die normalen Spielregeln gelten."

Vom Ministerium gibt es bisher keine Reaktion auf den Brief. "Im Moment ist niemand mit dem Thema Tendenzschutz befasst", sagte ein Sprecher des Wirtschafsministeriums gegenüber boersenblatt.net. 

Der Tendenzschutz ist eine Bestimmung des Betriebsverfassungsgesetzes (§ 118 Abs. 2 BetrVG), die für Tendenzbetriebe bestimmte Rechte des Betriebsrats einschränkt. So kann der Betriebsrat in Tendenzbetrieben keinen Wirtschaftsausschuss bilden und hat bei der Einstellung von Tendenzträgern (z.B. Journalisten) kein Zustimmungsverweigerungsrecht. Tendenzbetriebe sind zum Beispiel Verlage, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände.

Der Betriebsrat des Bibliographischen Instituts in Mannheim hatte Ende August versucht, gerichtlich gegen die Umzugspläne der Konzernmutter Cornelsen vorzugehen – vergeblich. Die Arbeitnehmervertretung beruft sich auf die Standortsicherungszusage der Verlagsleitung bis 2015. Cornelsen will die Zahl der Mitarbeiter am Traditionsstandort von 190 – auf etwa 30 reduzieren.