Die Sonntagsfrage

"Darf ein Volontariat nur mit Leseexemplaren vergütet werden?"

21. Oktober 2012
von Börsenblatt
Die Plattform BuchKarriere will die Kommunikation zwischen Nachwuchs und Arbeitgebern in der Buchbranche verbessern. Die Idee dazu hatten die beiden Buchwissenschaftsstudentinnen Rebekka Kirsch und Norsin Tancik. Aber braucht die Branche so eine Plattform überhaupt, Frau Tancik?
Seit einigen Jahren habe ich immer wieder beobachtet, wie zwei Gruppen aufeinanderprallten, rangelten und eigentlich zu keinem Ergebnis kamen: Auf der einen Seite standen die Arbeitgeber in den Verlagen, die händeringend nach qualifiziertem Nachwuchs suchten, auf der anderen Seite der junge Buchnachwuchs, der wegen den schlechten Arbeitsbedingungen die Branche wechselte. Nicht zuletzt die Marginalglosse übte in einer ihrer letzten Artikel eine deutliche Kritik aus. Auch auf den Stammtischen der Jungen Verlagsmenschen erlebte ich in München und Frankfurt immer wieder frustrierte, verunsicherte Nachwuchskräfte. Der Höhepunkt war das Nachwuchsparlament auf den Berliner Buchtagen, die genau die Themen anprangerten und vermissten, die wir mit unserem Projekt thematisieren wollten: Die fehlende Jobbörse, die unattraktiven Einstiegsbedingungen – und nicht zuletzt die fehlende Anerkennung des Branchennachwuchses.

Als Rebekka Kirsch und ich gemeinsam im November 2011 die Idee entwickelten, die verloren gegangene Kommunikation beider Zielgruppen wieder herzustellen, ahnten wir noch nichts von der Dynamik unseres Projekts. Seit März sind wir auf facebook mit einer eigenen Seite vertreten, die inzwischen über 1.000 Fans hat. Unsere Plattform, seit der Frankfurter Buchmesse online, hat stark steigende Zugriffszahlen und für unser Verlagsranking flattern täglich neue Bewertungen ein – denn hier geben wir dem Branchennachwuchs die Gelegenheit, ihre ehemaligen Arbeitgeber fair und objektiv zu bewerten. Dadurch konnten wir während der Frankfurter Buchmesse zum ersten Mal den BuchKarriere Award 2012 an den Thienemann Verlag für die besten Arbeitsbedingungen verleihen.

Das Thema ist aktuell und die Buchbranche braucht unser Portal, um gemeinsam die Probleme aus dem Weg zu räumen. Was erwarten Arbeitgeber in Zukunft vom Branchennachwuchs? Wie können die Praktikumsbedingungen an die neuen Bachelorstudiengänge angepasst werden? Darf ein Volontariat wirklich nur mit Leseexemplaren vergütet werden? Mit welchen Mitteln lockt man qualifizierte Nachwuchskräfte in die Buchbranche? Das sind alles Fragen, denen wir in Zukunft nachgehen wollen.

Um uns und unsere Plattform zu finanzieren, werden wir Verlagen in Zukunft die Möglichkeit geben, zielgruppengenaue Bannerwerbung zu schalten und Anzeigen zu featuren. Da wir mit der neuen Jobbörse KarrierePlatz und dem Verlagsranking nicht unwichtige Techniken für die Buchbranche bereitstellen, hoffen wir außerdem auf Sponsorenpartner, die unsere Ideen unterstützen wollen, damit wir sie technisch gut umsetzen können.

Letztendlich haben die Arbeitgeber und der Buchbranchennachwuchs es allerdings selbst in der Hand, wie sie sich zueinander entwickeln werden. Weiter voneinander weg oder doch ein paar Schritte aufeinander zu? Alles in allem stimmt mich der gute Zuspruch nach der Frankfurter Buchmesse aber sehr positiv.

Norsin Tancik (26) studiert Buchwissenschaft und Komparatistik an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz und arbeitet derzeit an ihrer Magisterarbeit, in der sie sich mit Kommunikationsstrategien von Verlagen in den sozialen Netzwerken beschäftigt. Außerdem ist sie für die Buchmarketing-Agentur bilandia aus München tätig und jobbt seit zehn Jahren als freie Journalistin für verschiedene Lokalzeitungen.