Buchhändler-Umfrage

Profitieren Sie von Jokers Misere?

17. Januar 2014
von Börsenblatt
Des einen Freud - des anderen Leid? Im Zuge der Weltbild-Insolvenz wird das Jahr 2014 wohl in vielen Städten die Schließung von Jokers-Filialen mit ihrem üppigen MA-Angebot bringen. Wir haben Buchhändler gefragt, die genau das schon erlebt haben: Profitieren sie vom Verschwinden der Konkurrenz?

 

Joachim Stern, Vaternahm, Göttingen, wo Jokers im Dezember 2013 geschlossen hat

"Geschadet hat es uns nicht, dass Jokers vor drei Wochen geschlossen hat. Es sind leicht positive Tendenzen zu verzeichnen, auch wenn es zu früh ist, um zu sehen, ob der Trend weitergeht. Es ist ja so: Ein neues Geschäft merkt man sofort, das Verschwinden eines bereits vorhandenen schlägt (leider) bei weitem nicht im gleichen Maß zu Buche. Aber: Jokers-Kunden entdecken uns neu. Der Göttinger Markt ist nicht allzu groß, mittelfristig wird sich das also leicht positiv auswirken. Jokers zeigt allerdings, dass MA kein Selbstläufer ist. Man muss schon hinterher sein, das Segment muss qualifiziert bedient werden. Nur billig oder nebenbei – das geht nicht."

 

Elisabeth Evertz, Buchhandlung Scheuermann, Duisburg, wo Jokers am 16. Januar geschlossen hat

„Die Fläche gibt eine Ausweitung unseres Angebots nicht her. MA würde außerdem unser Profil als literarische Buchhandlung arg verwässern. Wir sind für alle Kunden da und können alles bestellen. Natürlich hoffen, dass nicht alle Jokers-Kunden jetzt ins Internet abwandern. Aber wir rechnen damit. Als zeilenreich zwei Häuser weiter von uns geschlossen hat, haben wir wenig davon bemerkt - außer den Kunden, die die Buchhandlung gesucht haben. Die Schließung wurde nämlich nicht kommuniziert. Nach unserer Erfahrung ist es kaum möglich, vom Verschwinden dieser Konkurrenz zu profitieren. Die Kunden verschwinden ins Internet. Vielleicht gelingt es, wenn die Hemmschwelle niedrig ist: Unser Eingangsbereich ist klein.“

Georg Stephanus, Buchhandlung Stephanus in Trier, wo Jokers bereits 2009 seine Filiale in der Grabenstraße aufgegeben hat

„Wir haben nichts von der Schließung gemerkt. Allgemein sind unsere Umsätze im Bereich MA rückläufig seit den letzten Jahren. Wir haben Erfahrung und machen seit 30 Jahren MA auf der Straße. Das MA-Geschäft läuft mit, ist aber sowohl an unserem Uni-Standort und in der Innenstadt schwieriger geworden. Wer sein Sortiment entsprechend umgestalten will, sollte sich keine Hoffnungen auf große Umsatzsteigerungen machen.“

Meinolf Krüger, Taschenbuchhandlung Kittel & Krüger in Augsburg, wo Jokers Mitte 2013 geschlossen hat

„Weltbild war vor vier Jahren auch noch hier in der Maximilianstraße. Auch das Ende von Jokers im vergangenen Jahr hat beeinflusst unser Geschäft in keiner Weise. Wie auch? Die Jokers-Kataloge der letzten Monate waren voller normaler Sortimentstitel. Dafür braucht man keinen Katalog, sondern greift die Titel in der Buchhandlung ab, zum Beispiel bei uns. Bei Jokers ging es doch einmal um Restauflagen und MA. Doch der Kern schien nicht mehr aufzugehen. Bei Zweitausendeins ist es ähnlich. Die Generation ist weg, die sich irgendwelche Klassiker in möglichst billigen Clubausgaben geholt hat, und auch das MA-Geschäft funktioniert so nicht mehr. Diese Leser werden beim Proejkt Gutenberg fündig. Alleine um mich abzusetzen, verfolge ich die MA-Schiene nicht, sondern halte mich an wertige Ausgaben, auch im Taschenbuch. Einzufangen sind diese Kunden nicht. Das Geschäft ist verpufft.“