Weltbild-Betriebsrat protestiert gegen Einschnitte

„Die geplanten Schließungen sind grob fahrlässig“

3. März 2014
von Börsenblatt
Zu Schließungsplänen bei Weltbild Plus will sich von der Kanzlei des vorläufigen Insolvenzverwalters Arndt Geiwitz derzeit niemand äußern, die Mitarbeiter sind jedoch längst in Bewegung. Ihr Betriebsrat sammelt Argumente gegen den schnellen Rückzug aus der Fläche – und das nicht nur, weil der Wert des Gesamtunternehmens sinkt: Auch für das Digitalgeschäft entstünden neue Gefahren.

Bei Weltbild plus stehen bis zu 100 Standorte auf der Kippe, wie „Buchreport“ und „Wirtschaftswoche“ berichten. Etwa 60 davon sollen angeblich definitiv aufgegeben werden, weitere 40 stünden auf einer sogenannten Watchlist und würden noch einmal gesondert geprüft. Aus Unternehmenskreisen werden die Pläne zwar bestätigt, offiziell ist dazu aktuell jedoch nichts zu erfahren. Aus der Kanzlei Schneider, Geiwitz & Partner heißt es zum Thema lediglich: „kein Kommentar“.
 
„Weltbild braucht ein flächendeckendes und funktionierendes Filialsystem“

Bestätigt werden die Schließungspläne auch von Seite der Mitarbeitervertreter. Sie mobilisieren bereits ihre Kräfte und sammeln Argumente gegen den Rückzug aus der Fläche. Weil sie befürchten: Dass Weltbild plus sich von dieser Notdiät kaum erholen werde.

Die Filialen seien unverzichtbarer Bestandteil des Geschäftsmodells, sagte der neue Konzernbetriebsratsvorsitzende Timm Boßmann (bisher Verdi-Betriebsgruppensprecher) gegenüber boersenblatt.net.  "Wenn die Gruppe erfolgreich verkauft werden soll, müssen wir ein flächendeckendes und funktionierendes Filialsystem haben." Generell herrsche in diesem Punkt zwar Einigkeit mit Arndt Geiwitz, strittig bleibe jedoch die Zahl. Bevor ein Investor sich geäußert habe, seien die geplanten Schließungen "grob fahrlässig".


Welche Argumente Boßmann vorbringt:

  • Durch Fehlentscheidungen des Managements seien zuletzt immer mehr Filialen in Turbulenzen geraten. Das Gebot der Stunde müsse lauten, aus diesen Fehlern zu lernen - "wenn wir nichts ändern, dann sind die geplanten Schließungen nur der Anfang vom Ende der gesamten Kette."
  • Dazuzulernen bedeute im besten Fall, die Filialen aufzuwerten - indem zum Beispiel die Sortimente angepasst und wieder stärker auf Beratung gesetzt würde. Boßmann: „Es muss uns gelingen, dass Kunden unsere Filialen wieder als Buchhandlungen mit Beratungs-Kompetenz wahrnehmen."
  • Ohne Investor am Start, sollten Schließungen derzeit am besten nachrangig behandelt werden. Und selbst dann seien noch viele Fragen offen. "Das Konzept von Roland Berger für die Gruppe muss bekannt sein und diskutiert werden“, fordert Boßmann.
  • Reden will er mit dem Team um Arndt Geiwitz und Weltbild Plus-Chef Gunter Gerlach aber auch über die Gemeinkosten-Anteile, die die Filialen tragen.
  • Boßmann sieht durch die Schließungspläne die Gesamtgruppe beschädigt – sie verliere an Wert und werde für potenzielle Investoren zusehends uninteressanter.
  • Bessern würde sich die Lage dadurch nur für Wettbewerber, die sich unliebsame Konkurrenz vom Hals schaffen wollten, meint Boßmann. "Wenn die Filialen getrennt vom Rest der Gruppe an einen Mitbewerber verkauft werden, macht der nur eins: den Rest auch noch zu!" In der Folge könnten in Augsburg leicht mehr als 100 Stellen wegfallen (Filialbelieferung, Category-Management, Marketing, IT, Personalabteilung).