Gemeinsame Sitzung der Fachausschüsse

Der Countdown für die Wissenschaftsschranke läuft

26. April 2017
von Börsenblatt
Im Frankfurter Haus des Buches haben heute die Fachausschüsse in gemeinsamer Sitzung getagt. Schwerpunktthemen waren unter anderen die aktuelle Urheberrechtsreform und der Einfluss von Provisionsmodellen auf die Preisbindung.

Den Stand der Gesetzgebung zur geplanten Bildungs- und Wissenschaftsschranke, den Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang in der Sitzung erläutert hatte, referierte im anschließenden Pressegespräch Nadja Kneissler, die stellvertretende Vorsitzende des Verleger-Ausschusses (VA). Das sogenannte Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz, dessen Regierungsentwurf seit kurzem vorliegt, werde derzeit im Rechtsausschuss des Bundestags beraten und soll am 18. Mai vom Bundestag in erster Lesung behandelt werden. Ziel der Bundesregierung sei es, das Gesetz noch bis zur parlamentarischen Sommerpause in vier Wochen unter Dach und Fach zu bringen.

Die Zeit bis dahin werde der Börsenverein nutzen, so Kneissler, um die Kampagne gegen das Gesetz noch weiter in die breite Öffentlichkeit zu tragen und möglichst viele Abgeordnete direkt anzusprechen. Sollte das Gesetz verabschiedet werden, würden die Wissenschaftsverlage enorm darunter leiden. "Lehrbücher wären dann nicht mehr wirtschaftlich zu produzieren", unterstrich Kneissler. Der Börsenverein wird seine Stellungnahme zum Entwurf der Regierung, der gegenüber der ersten Referentenversion leicht modifiziert worden war, aktualisieren und veröffentlichen.

Ein weiteres Thema der gemeinsamen Sitzung waren die Affiliate-Programme von Buchhändlern (wie Amazon) – Provisionsmodelle, die beispielsweise Schulfördervereine beim Erwerb von Schulbüchern begünstigen. Jan Orthey, Vorsitzender des Sortimenter-Ausschusses, sagte gegenüber der Branchenpresse, dass diese Programme "eine große Bedrohung für die Buchpreisbindung" darstellten. Hier seien von politischer Seite entsprechende Regularien gefordert.

Diskutiert wurde auch der Vorschlag, die Verkehrsordnung zu ändern, um künftig fehlerhaften Mehrwertsteuer-Auszeichnungen bei Bundle-Produkten besser beizukommen – vor allem bei der Klärung der Frage, wer für den Fehler haftet. Es wurde empfohlen, auf eine Änderung der Verkehrsordnung zu verzichten und stattdessen Haftungsfragen auf der jeweiligen Handelsstufe "konsensual" zu lösen: indem man den entstandenen Schaden teilt.

Stefan Könemann, Vorsitzender des Ausschusses für den Zwischenbuchhandel und Leiter der gemeinsamen Sitzung, erwähnte im Pressegespräch noch die Vorstellung einer neuen Interessengruppe im Börsenverein: die IG Produktmetadaten, der sich Barsotimente, große Verlage und die MVB angeschlossen haben. Inzwischen verfüge die Gruppe über mehr als 60 Mitglieder. Alle 19 Interessengruppen werden auf der Website des Börsenvereins vorgestellt. Eine Übersicht finden Sie hier.

Mitgeteilt wurde zudem, dass während der Sitzung auch die Weiterentwicklung des elektronischen Titelinformationssystems VLB-TIX präsentiert wurde. Der Fortschritt beim Thema Marktforschung wurde begrüßt. Der Börsenverein kooperiere seit März mit beiden Marktforschungsanbietern GfK Entertainment und Media Control. Dass der Börsenverein und die MVB nun wieder umfangreiche Daten melden können, wurde begrüßt, so Kneissler.

Lobende Worte fanden die Ausschuss-Vertreter abschließend für das Format der gemeinsamen Sitzung: Seit es dies gebe, werde es immer wieder positiv bewertet. "Zwischen den Sparten herrscht seitdem eine andere, konstruktivere Kommunikationskultur", sagte Jan Orthey.