Hanser-Anwälte prüfen Anwaltsschreiben

Erben von Stella Goldschlag fordern Vertriebsverbot für "Stella"

31. Januar 2019
von Börsenblatt
Die Erben von Stella Goldschlag, die zuletzt durch den Roman "Stella" von Takis Würger ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist, wollen bei Hanser ein Vertriebsverbot für das Buch und bei der Neuköllner Oper in Berlin ein Aufführungsverbot für das gleichnamige Musical durchsetzen.

Das geht aus mehreren Schreiben hervor, die der Berliner Anwalt Karl Alich im Namen der Goldschlag-Erben dem Hanser Verlag und der Neuköllner Oper zugestellt hat. Hanser hat auf Anfrage des Börsenblatts den Eingang eines erneuten Schreibens von Karl Alich (31. Januar) bestätigt, wollte sich aber zum Vorgang selbst nicht äußern. Das Schreiben liege "zur rechtlichen Würdigung bei unseren Anwälten".

Wie der Publizist Micha Brumlik in der "Zeit" vom 31. Januar berichtet, habe die Jüdin Stella Goldschlag, die vom NS-Regime zur Denunziation untergetauchter Juden erpresst worden war, sämtliche publizistischen Persönlichkeitsrechte an ihrer Lebensgeschichte im Jahr 1990 dem Historiker Ferdinand Kroh übereignet. Die Erben des verstorbenen Historikers haben nun den Anwalt Karl Alich eingeschaltet. Goldschlag selbst schied 1994 durch Suizid aus dem Leben.

"Verhöhnung eines NS-Opfers"

Zahlreiche Rezensenten des Romans "Stella" von Takis Würger hatten das Buch wegen seines ihrer Meinung nach unbedachten, empörenden Umgangs mit der Lebensgeschichte von Stella Goldschlag scharf kritisiert. Brumlik wirft in seinem Zeit-Artikel Würger vor, das Thema zu verzerren. In dem Rechtsstreit, der sich jetzt ankündige, gehe es "um ein Buch, das wesentlich Schlimmeres bedeutet als nur eine unterhaltsame Geschichtsklitterung: die entwürdigende Ausbeutung und Verhöhnung eines NS-Opfers".

Brumlik zitiert aus dem ersten Schreiben an den Verlag (vom 21. Januar), in dem es heißt, Stella Goldschlag habe unter keinen Umständen gewollt, "dass einzelne Abschnitte ihres tragischen Lebens aus dem Gesamtzusammenhang gerissen und damit verfälscht dargestellt werden". Vor allem habe sie immer Wert darauf gelegt, dass auch ihre Vorgeschichte geschildert wird.

Update, 1. Februar: Die Sicht von RA Karl Alich

"Wir wollen eine Lösung erreichen, die dem Thema gerecht wird", erklärt der Berliner Rechtsanwalt Karl Alich gegenüber boersenblatt.net. Im Schreiben an den Hanser Verlag (datiert auf den 30. Januar), das boersenblatt.net vorliegt, argumentiert er: "Wenn Teile der Geschichte wahr sind und in diesem Roman verarbeitet werden, dann ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Stella betroffen." Die betreffenden Textstellen werden aufgeführt. In Wahrung der "postmortalen publizistischen Persönlichkeitsrechte" von Stella Goldschlag fordert Alich den Hanser Verlag im Namen der Erben auf, "diese vorgenannten Teile des Buchs zu schwärzen bzw. anderweitig unkenntlich zu machen". Und er ersucht den Verlag, bis auf weiteres keine Buchexemplare, die diese Textstellen enthalten, mehr in den Handel zu bringen. Soweit das Schreiben. Ob er anderfalls weitere juristische Schritte plant, kommentiert er nicht.