Bente Grimm über den Stellenwert gedruckter Reiseführer

Inspirationsquellen

21. Februar 2019
von Börsenblatt
Auch in Zeiten der Digitalisierung behalten gedruckte Reiseführer ihren Stellenwert bei der Urlaubsplanung – als seriöse Ergänzung zu anderen Medien. Meint Bente Grimm, Tourismusforscherin im NIT – Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa GmbH in Kiel.

Die Vorbereitung auf eine Urlaubsreise hat vielerlei ­Facetten und läuft bei jedem Reisenden ein bisschen anders ab. So individuell wie Reiseziele und Urlaubsformen, so individuell sind auch die Ansprüche und Interessen bei der Informationssuche – je nach Vorlieben haben Reisende sehr unterschiedliche Inhalte im Blick. Die einen möchten vorab viel über Land und Leute erfahren, andere sind eher aufgeschlossen für kurze, unterhaltsame Informationen zu ihren potenziellen Reisezielen. Manche möchten vor allem wissen, was man am Reiseziel unternehmen und erleben kann, andere suchen vor allem etwas über Preise, Unterkünfte oder das Wetter.

Für alle Typen gilt: Für die oftmals zeitaufwendige, aber in vielen Fällen durch Vorfreude befeuerte Recherche kann der potenzielle Urlaubsgast eine Vielzahl von Medien nutzen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Verfügbarkeit von digitalen Angeboten stellt sich die Frage, welchen Stellenwert analoge Me­dien, wie etwa Reiseführer und andere Reiseliteratur, bei unterschiedlichen Zielgruppen noch haben.

Die bevölkerungsrepräsentativen Daten der Reiseanalyse (RA) 2018 zeigen, dass gedruckte Prospekte, Flyer und Kataloge nach wie vor die meistgenutzte Medienkategorie bei der Planung sind, knapp ein Drittel aller Urlaubsreisenden vertraut heute noch auf solche Werbematerialien. Die persönliche Beratung durch ein Reisebüro nimmt ein Viertel in Anspruch. Dann folgen mit Websites von Unterkünften und Reisezielen digitale Alternativen. Die Reiseanalyse betreut unser Institut im Auftrag der Forschungs­gemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR).

Reiseziel und Reiseart wirken sich nur unwesentlich auf die Wahl der Informationsquellen aus: egal ob Inland oder Ausland, Flugreise oder Kreuzfahrt, Erlebnis- oder Badeurlaub – der klassische Reisekatalog beziehungsweise Flyer und Prospekte belegen durchgehend einen der ersten beiden Ränge. In der Informa­tionsphase überwiegen nach wie vor Offlinemedien, wenngleich der Anteil der Reisenden, die nur noch online erreichbar sind, in den letzten zwei Jahren leicht gestiegen ist.

Gedruckte Reiseführer haben definitiv nicht ausgedient: Acht Prozent der Inlands-, 14 Prozent der Auslandsurlauber und 29 Prozent der Fernreisenden gaben an, einen Reiseführer oder -literatur genutzt zu haben – ein bis drei Prozentpunkte mehr als in der Reiseanalyse 2016. Besonders groß war der Anteil bei Kulturreisen, Sightseeing-Urlauben, Studien-, Rund- und Städte­reisen – bei Familien- und Partyurlauben sowie Besuchsreisen hingegen nur sehr gering.

Zudem zeigen die Ergebnisse der FUR, dass Reiseführer aus Kundensicht zu den besonders glaubwürdigen Informationsquellen zählen, die sich wohltuend von anderen Medien absetzen. Außerdem tragen sie in besonderem Maße dazu bei, das Interesse an einem Reiseziel zu verstärken. Die Leser gehen davon aus, dass die Angaben im Reiseführer der Wahrheit entsprechen: Sie vertrauen den Inhalten und haben keine Angst, übers Ohr gehauen zu werden. Hinzu kommt, dass Reiseführer eine bleibende Erinnerung sind. Sie schmücken das heimische Regal – und können als Inspirationsquelle für weitere Reisen dienen.

Das analoge Zeitalter ist also noch lange nicht vorbei. Klassische Formen der Urlaubsinformation werden zwar durch digitale Angebote ergänzt, aber durch diese keinesfalls ersetzt. Reiseverlagen ist daher zu empfehlen, sich auch künftig als seriöse, umfassende Ergänzung zu anderen Medien zu positionieren. Denn damit punkten sie etwa im Buchhandel. Touristische Anbieter sollten sie darauf hinweisen, dass eine reine Onlinekommunikation je nach Produkt und Zielgruppe dazu führt, dass mehr oder weniger große Teile des Kundenpotenzials nicht erreicht werden.