Die Sonntagsfrage

„Was macht Ihren Lesekreis besonders, Frau Pienek?“

26. Juli 2019
von Börsenblatt
Geschafft! Der Literaturkreis Stuttgart gehört zu den fünf Lesekreisen, die den Deutschen Buchpreis 2019 als Partner begleiten.  Die sieben Leser*innen treffen sich seit 2002 alle vier bis sechs Wochen im Nebenzimmer eines afrikanischen Restaurants. Was die Lesegruppe sonst noch auszeichnet, erklärt Gründerin Barbara Pienek in der Sonntagsfrage.

Gerade als Jungredakteurin bei der Lokalzeitung im Schwäbischen Winnenden angekommen, hatte ich 2002, vier Jahre nach Abschluss meines Germanistikstudiums, große Lust, mich mal wieder über gute Bücher auszutauschen. Als ich Freunden und Bekannten - das waren damals ebenfalls angehende Journalisten und Journalistinnen, Lehrerinnen, PR-Fachfrauen und IT-ler - von meiner Idee erzählte, waren wir plötzlich zu acht und haben vor mittlerweile 17 Jahren im Nebenzimmer eines türkischen Restaurants im Stuttgarter Westen munter über das neueste Buch von Zeruya Shalev diskutiert, uns dann mit Meir Shalevs "Esaus Kuss", Amos Oz "Black Box" und schließlich auch mit einem palästinensischen, allerdings äußerst schwer zu verstehenden Werk ("Der Peptimist" von Emil Habibi) beschäftigt. Diese Diskussionen haben großen Spaß gemacht.

Ein Thema, drei Bücher dazu

Weniger erquicklich war allerdings die sich daran anschließende Debatte über unser nächstes Thema, die nach einem halben Jahr fast das Ende unseres Literaturkreises bedeutet hätte. Doch anstatt uns zu trennen, haben wir damals ein ausgeklügeltes Auswahlsystem entwickelt: Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer darf - nach der alphabetischen Reihenfolge der Vornamen - ein Thema mit jeweils drei Büchern festlegen. Es werden Patenschaften vergeben, damit unsere Treffen, die mittlerweile in einem afrikanischen Restaurant in Stuttgart-Bad Cannstatt stattfinden, auch vorbereitet sind. Das funktioniert so gut, dass wir seit der Gründung mehr als 130 Bücher gelesen haben - von "Israelischer Literatur" bis zu unserem aktuellen Thema "Blicke auf Japan". Und für den Fall, dass die Buch-Diskussion mal stocken sollte, weil alle von der Lektüre so begeistert waren, unterhalten wir eben uns über das Leben, über Gott und die Welt und lassen und das afrikanische Essen schmecken.


Zweitjury für den Deutschen Buchpreis

Dass wir jetzt einer von fünf offiziellen Lesekreisen des Deutschen Buchpreises sind, wird die Gruppe, deren Zusammensetzung sich im Lauf der Jahre immer wieder verändert hat, sicher beflügeln. Und da wir uns bisher weder mit der Longlist noch mit der Shortlist des Deutschen Buchpreises beschäftigt haben, steht unser nächstes Thema auch schon fest. Dabei werden wir gespannt verfolgen, ob wir beim Deutschen Buchpreis denselben Preisträger gekürt hätten - und das auf dem Instagram-Account anna_v_goldstein auch kundtun.