Vor der Literaturnobelpreisverleihung

Zwischen Stockholm und Sarajevo

10. Dezember 2019
von Börsenblatt
Heute Abend werden in Stockholm die Literaturnobelpreise 2018 und 2019 überreicht. Schon seit einigen Tagen sind die Preisträger, die polnische Autorin Olga Tokarczuk und der österreichische Schriftsteller Peter Handke, in Stockholm.

Olga Tokarczuk und Peter Handke

Seit Bekanntgabe der Preisträger am 10. Oktober wird über die Literatur der Preisträger und über ihre politische Haltung diskutiert. Besonders gestritten wird über das Verhältnis von Politik und Literatur bei Handke und was Handkes Parteinahme für die serbische Seite im Krieg in Bosnien-Herzegowina in den 90er Jahren für seine Literatur bedeutet. Auch über die editorischen Aufgaben von Verlagen wird gesprochen, im Deutschlandfunk beispielsweise, inwieweit bei Nachauflagen durch editorische Erläuterungen der Zeitbezug dargestellt werden sollte. Handkes deutscher Verlag, der Suhrkamp Verlag, hatte Ende Oktober eine englischsprachige „Clarification“ verschickt, die Aussagen über Handke seinen Äußerungen in Büchern oder in Interviews gegenüberstellt. Das Dokument ist nicht offiziell in den Medien veröffentlicht worden, aber auf einem Blog dokumentiert.

Peter Handke gab sich schon weit im Vorfeld der Würdigung streitlustig: Es werde hoch hergehen, hatte er angekündigt. Bei der Stockholmer Pressekonferenz im Vorfeld der Preisverleihung weigerte er sich, auf einige Fragen der Journalisten zu antworten, berichtet F.A.Z.-Redakteur Andreas Platthaus von dort. 

Weit weg von Stockholm, vor der schwedischen Botschaft im bosnischen Sarajevo, protestierten Angehörige von Opfern des bosnisch-serbischen Krieges gegen die Vergabe des Nobelpreises an Peter Handke. Auch in Stockholm gab es Kundgebungen.

Auskunftsfreudiger als Handke zeigte sich Olga Tokarczuk. Sie sei keine politische Autorin, sagte sie, doch wenn ihre Bücher vor einem gesellschaftspolitischen Hintergrund interpretiert würden, sei sie damit einverstanden. Sie widme ihren Preis der demokratischen Bewegung in Polen, sagte Tokarczuk. Sie gab bei ihrer Pressekonferenz außerdem bekannt, dass sie einen Teil ihres Preisgeldes für eine Stiftung zur Unterstützung von Schriftstellern und Übersetzern verwenden will.