BroCom-Chef Matthias Heinrich kritisiert Amazon

"Machiavellismus, sonst nichts"

18. März 2020
von Börsenblatt
Matthias Heinrich, Geschäftsführer von BrockhausCommission, greift Amazon an und ruft die Buchhandlungen und Verlage auf, die Lieferketten aufrechtzuerhalten und die Novitäten-Vormerker nicht zu stornieren.

"Stark irritiert und empört müssen wir feststellen, dass Amazon sich in der Krise rein profitorientiert verhält. Der Warenumschlag Buch wird wohl zugunsten versorgungsrelevanter Produkte stark reduziert. Damit wird es befristet nur zu punktuellen Bestellungen bei Verlagen kommen, das preisgebundene und margenarme Buchgeschäft wird zurückgestellt. Wer darin Gutmenschentum und ein Idealstreben nach einer flächendeckenden Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern durch den Onlinehandel in infrastrukturell schlecht aufgestellten Gebieten vermutet, darf das gerne tun. Für mich/uns grüßt hier eher Machiavellismus, sonst nichts. Wer den Kunden hat, hat die Macht, Neukundengewinnung um jeden Preis. Auf der Strecke bleibt bei Amazon nicht nur das Produkt Buch.

Wir weichen nicht von unserem Kurs ab, die Lieferkette zwischen Partnerverlagen und allen Bestellern möglichst lange aufrechtzuerhalten. Und vor allem auch, diese Lieferkette nach einer womöglich bitteren Durststrecke schnell wieder aufleben zu lassen. Dazu gehört unser Vormerker-Appell und die Initiative zur Bestellthesaurierung. Wenn die Buchhandlungen schließen müssen, garantiert Brockhaus, dass die Vormerkungen erst nach Wiederöffnung der Buchhandlungen ausgeliefert werden.

Unterstützen wir uns alle darin gegenseitig. Rufen wir alle Verlage und die Händler trotz aller Not zu zukunftsorientiertem Augenmaß auf. Gesellschaftliches und wirtschaftliches Leben lässt sich nicht einfach rebooten, das Backend muss stets weiterlaufen, damit ein Apparat wieder angefahren werden kann. Anders als beim täglichen Neustart des PC.

Natürlich versorgen wir Sie weiter mit verfügbarer Liquidität, wie stets zeitnah und zinslos. Wir halten an Selbstverständlichkeiten fest. Lassen Sie sich von PR-Aktionen nicht blenden, niemand kann gerade den Samariter geben. Bleiben wir alle gerade jetzt auf dem Boden und machen solide unseren Job, verlässlich, einigermaßen solidarisch und ohne große Worte.   

Etwas pastoral: Gemeinsam ist niemand einsam, so naiv das klingen mag. Wir werden auch diese schwere Phase überstehen. Jetzt bleiben Sie erst einmal gesund, wir versuchen es auch."