Deutschen Buchhandlungspreis: Buchhandlung Backhaus

Prämierter Teamgeist

23. September 2015
von Börsenblatt
Die Buchhandlung Backhaus in Aachen punktet mit besonderer Buchauswahl, vielen Ideen – und einer Sommerterrasse. Beim Deutschen Buchhandlungspreis wurde sie mit 15.000 Euro prämiert.

Am Samstag, den 19. September wurde ausgiebig gefeiert bei Backhaus in Aachen: mittags mit Sekt und Häppchen in der Filiale in Burtscheid, dem Aachener Kurviertel, und später einem Fest (inkl. Wordakrobatik und Lesung) im Hauptgeschäft in der Innenstadt – bis 22 Uhr wurde dort gefeiert. Insgesamt kamen zu beiden Veranstaltungen rund 150 Besucher, einige gratulierten mit Blumen oder Kuchen. "Ihr habt es echt verdient", hätten viele Kunden ihn und sein Team beglückwünscht, freut sich Inhaber Martin Schwoll. Für Schwoll setzt der neu ausgelobte Preis ein deutliches Zeichen für den Buchhandel vor Ort. Dieses Ziel hat er sich auch für seine Buchhandlung auf die Fahnen geschrieben: Er engagiert sich als Mitglied der Buy-local-Bewegung und in Aachener Einzelhandelsinitiativen. Kunden seien aufzuklären, welche Folgen ein bequemer Klick bei Amazon haben könne, betont Schwoll: "Wir müssen ihnen en passant sagen, dass wir das, was Amazon kann, mindestens genauso gut können."

Der Ökonom und Geschäftsführer eines Fairsicherungsbüros hat die traditionsreiche Buchhandlung 2007 aus "Leidenschaft und Überzeugung" übernommen, um ihr Fortbestehen zu sichern. Seit sieben Jahren bildet Backhaus aus; vier (ehemalige) Nachwuchskräfte, alles Männer, und eine Buchhändlerin sorgen heute für einen reibungslosen Ablauf. Eine eingeschworene Gemeinschaft, die in regelmäßigen, abendlichen Teamtreffen im privaten Kreis, eingeleitet durch ein gemeinsames Essen, darüber spricht, was gut gelaufen ist und was man besser machen könnte. Das sei konstruktiv, intensiv und mache Spaß, erklärt Schwoll. Schwoll, der häufig nur am Samstag im Laden ist, lässt seinen Mitarbeitern möglichst freie Hand bei der Umsetzung der gemeinsamen Pläne, hat aber feste Ansprechpartner für jeden Bereich. So entstehe ein Teamgeist, den auch die Kunden goutieren würden: Öfters sei von diesen zu hören, dass sie mit Vorfreude in den Laden kommen, weil die Stimmung so gut sei. Die Kunden möchten etwas für das Herz bekommen, sagt Schwoll und ergänzt: "Wenn wir das schaffen, ist genau das passiert, was ich mir wünsche."

Leseförderung ist ein besonderes Anliegen: Die Partnerbuchhandlung der Büchergilde Gutenberg hat in diesem Jahr rund 30 Schulklassen am Welttag des Buches im Stammhaus und der Filiale empfangen ("Das zelebrieren wir"). Weiter bietet Backhaus diverse Veranstaltungsformate an – von Verlagsvorstellungen, über einen Lesekreis bis zur "Spätlese" (hier können Kunden abends mehrere Stunden allein im Laden verbringen; am Ende dann auch Bücher kaufen). Letztere kann auch für Privatveranstaltungen (etwa Geburtstagsfeiern) gebucht werden. Vor allem im Sommer lädt eine Terrasse zum Verweilen ein – Kaffee wird kostenlos serviert. Die Terrasse ist auch bei Studenten ein beliebter Lernort und Treffpunkt. Seit ungefähr zwei Jahren verkauft Backhaus Manuskripte der Institute für Statistik und Wirtschaftsmathematik der RWTH Aachen: Zwar sei hier die Gewinnspanne gering, aber ein anderer Effekt ist umso wertvoller, freut sich Schwoll: pro Jahr strömen rund 2.500 Studenten in den Laden um Skripte zu kaufen. Kundengespräche und ein Flyer mit den Stärken der Buchhandlung sollen die Blicke der Skriptkäufer auf die anderen Backhaus-Bereiche lenken. So will man neue, jüngere Kunden für Backhaus gewinnen (Schwoll: "Es ist fühlbar, dass sich etwas tut").

Rund 50 Prozent der Regalfläche in der Jakobstraße wird durch "anspruchsvolle Belletristik" (Schwoll) gefüllt. Etwa 30 Prozent des Programms stammt von unabhängigen Verlagen − eine Spiegel-Bestsellerwand gibt es nicht. Stark vertreten sind auch das Sach- und Fachbuch (15 Prozent) sowie Kinder- und Jugendbücher (10 Prozent). In der Filiale (seit 2011) wird, nur mit kleinen Abstrichen, ein ähnliches Sortiment geführt. "Mittlerweile merken wir", fasst Schwoll zusammen, "dass unser Konzept greift." In den ersten acht Monaten des Jahres sei der Umsatz im Stammgeschäft um 10 Prozent, in der Burtscheider Filiale um 20 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahrs gestiegen. Die Mayersche, mit ihrem Stammhaus der Platzhirsch in Aachen, hat er niemals als Konkurrent angesehen, sondern auf sein eigenes Konzept gesetzt ("Entweder wir schaffen das, oder nicht.").

Eine "offene Flanke", gibt Schwoll zu, sei der Webauftritt. Das soll sich, auch mithilfe des Preisgelds, bald ändern: Die Website wird gerade erneuert, bis Weihnachten soll ein Webshop für Printbücher folgen (ein E-Book-Shop ist bereits seit Längerem vorhanden). Zudem möchte Schwoll die Außenwerbung verbessern, ein neues Regal für die Büchergilde schreinern lassen und nicht zuletzt in die Personalentwicklung investieren. Der Deutsche Buchhandelspreis sei eine tolle Anerkennung für das bislang Erreichte und zugleich Ansporn, noch besser zu werden.

Matthias Glatthor

Buchhandlung Backhaus, Aachen

Inhaber: Martin Schwoll (seit 2007) Gegründet: um 1975 von Elisabeth Stephenson-Backhaus Größe: rund 100 Quadratmeter im Stammgeschäft (Jakobstraße 13, 52064 Aachen), plus Terrasse; 50 Quadratmeter in der Burtscheider Filiale Backhaus am Abteitor (seit 2011), Burtscheider Markt 23 / Ladenumsatz: rd. 550.000 Euro (2014) Erfolgsfaktoren: Sortiment, Leseförderung, vielfältige Veranstaltungen