Ubud Writers & Readers Festival musste Veranstaltungen streichen

Indonesien verbietet Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit

27. Oktober 2015
von Holger Heimann
Das wohl renommierteste Literaturfestival Indonesiens, das Ubud Writers & Readers Festival (28. Oktober bis 1. November) auf Bali musste jetzt sämtliche geplante Veranstaltungen, die sich mit den Massakern an Kommunisten und deren Sympathisanten 1965/66 in Indonesien beschäftigen sollten, aus dem Programm nehmen. Das haben die Veranstalter auf der offiziellen Internetseite des Festivals bekannt gegeben.

Zu den auf Druck von öffentlichen Stellen gestrichenen Veranstaltungen des Festivals gehören Diskussionen zu den blutigen Ereignissen, die am Anfang der bis 1998 währenden Suharto-Diktatur standen, eine das Thema aufgreifende Kunstaustellung und der Launch des Buches „The Act of Living". Auch der verstörend-eindrucksvolle Film „The Look of Silence" des amerikanischen Regisseurs Joshua Oppenheimer, der sich mit den Massakern und dem späteren Umgang damit beschäftigt – und hierzulande vor Kurzem in die Kinos kam, musste weichen.

Lokale Behörden drohten damit, das seit zwölf Jahren in der balinesischen Kulturhauptstadt Ubud abgehaltene Festival insgesamt zu verbieten, falls die entsprechenden Veranstaltungen nicht aus dem Programm genommen würden.

Für die Organisatoren selbst kam das restriktive Einschreiten der Behörden überraschend. Noch im Vorjahr konnten Veranstaltungen, die sich mit den brutalen Massenmorden auseinandersetzten, stattfinden. Gezeigt wurde etwa auch Oppenheimers erste filmische Auseinandersetzung mit der Zeit: „The Act of Killing".

Die geschockte Begründerin des Festivals, Janet deNeefe, nahm kein Blatt vor den Mund: „Es ist extrem enttäuschend, manche mögen auch sagen, geradezu erbärmlich, dass die Regierung sich weigert, über die nationale Tragödie von 1965/66 zu diskutieren", sagte sie dem „Sydney Morning Herald". Es sei gerade so, als wäre Zensur in einem Land, das seit 1998 eine demokratische Entwicklung genommen hat, quasi über Nacht wieder in Mode gekommen.

Indonesien war Ehrengast der zurückliegenden Frankfurter Buchmesse. Schriftstellerinnen wie Laksmi Pamuntjak, Ayu Utami und Leila Chudori setzen sich in ihren Romanen, die auch ins Deutsche übersetzt wurden, offen mit dem vielleicht traurigsten Kapitel der indonesischen Geschichte auseinander. In der indonesischen Gesellschaft selbst werden die Geschehnisse bis heute vielfach tabuisiert, eine breite Auseinandersetzung damit findet kaum statt.