Jürgen Schütz und sein Septime Verlag

Im Kielwasser des Kinoerfolgs

2. März 2017
von Nils Kahlefendt
Septime-Verleger Jürgen Schütz hat ein Näschen für Autos und gute Literatur: Mit den Büchern von Shūsaku Endō, dessen Hauptwerk "Schweigen" Martin Scorsese eben ins Kino bringt, kommt nun auch kommerzieller Erfolg.

Als Jürgen Schütz 2008 mit ein paar guten Ideen, einem Steuerberater und einem Laptop den Septime Verlag in Wien gründete, war der Rüdigerhof, ein Jugendstil-Kaffeehaus im 5. Bezirk, so etwas wie sein verlängertes Büro. Damals wurde die Oldtimer-Sammlung des gelernten Auto­mechanikers, der es im Außendienst für Renault locker auf 70.000 Reisekilometer pro Jahr brachte, zur Anschub-Finanzierung. Mehrere blitzblanke Alfa Romeos sollen den Besitzer gewechselt haben. Schütz, der Bücherfresser mit Benzin im Blut, saß gewissermaßen zwischen allen Stühlen: Die Kollegen aus der Autobranche konnten seine intellektuelle Leidenschaft schon mal belächeln, die Verlagswelt glaubte, ihn nicht ernst nehmen zu müssen. Welch Irrtum! 

Wenn sich Schütz bei einem Kleinen Braunen im Rüdigerhof über den "umsatzstärksten Jänner seit Verlagsgründung" freut, liegt das vor allem an Shūsaku Endō (1923-1996) und seinem Roman "Schweigen": Die Verfilmung von Oscar-Preisträger Martin Scorsese läuft gerade unter dem Titel "Silence" in den Kinos an. Erzählt wird die Geschichte von drei Jesuiten-Missionaren in Japan während der Christenverfolgung im 17. Jahrhundert. Nachdem Septime 2014 mit Ryū Murakami ("Das Casting") seinen ersten Japaner entdeckte (und auf die Hotlist brachte), verhandelte der kleine Wiener Verlag neun Monate über Endō. Am Ende hatte Schütz beim Rechte-Poker die Nase vorn, weil er nicht nur aufs "Filmbuch" schielte: Nach "Schweigen" und "Samurai" wird 2017 mit "Skandal" ein weiteres Hauptwerk Endōs erscheinen.

Bereits Anfang der Nullerjahre war Schütz auf Leben und Werk der Schriftstellerin Alice B. Sheldon gestoßen, die unter dem Pseudonym James Tiptree jr. zu den Klassikern der Science-Fiction zählt. Zwei Romane und rund 60 Erzählungen sind zu ihren Lebzeiten erschienen; im deutschsprachigen Raum galt sie lange als Geheimtipp. Schütz brachte die monumentale Tiptree-Biografie der Amerikanerin Julie Phillips heraus – und wollte bei der Wiederbelebung der Legende mit Blick auf Sheldons 100. Geburtstag nichts dem Zufall überlassen. Eine Werkausgabe sollte es sein! "Wir ­machen eine Mount-Everest-Besteigung. Und holen uns die Rechte für jedes Wort, das die Frau geschrieben hat."

Bis auf einen noch ausstehenden Roman hat Septime die Herkulesaufgabe gestemmt – vermutlich, so genau wollen wir das gar nicht wissen, musste irgendwann noch ein Alfa dran glauben. Hartnäckig hält sich indes das Gerücht, dass sich Hollywood für Tiptrees Leben, eine der irrwitzigsten literarischen Biografien des 20. Jahrhunderts, ­interessiert. Es würde für das gute Näschen des bekennenden Cineasten Jürgen Schütz sprechen. Und, mal ehrlich: Sind nicht nach sieben mageren Jahren sieben fette dran?